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Deutsche Mittelschicht schrumpft

13. Dezember 2012

Immer weniger Menschen gelingt laut einer neuen Studie ein sozialer Aufstieg aus den unteren Einkommensgruppen in die Mittelschicht. Eine Mitschuld daran geben die Forscher einer Steuerpolitik, die hohe Einkommen schont.

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Weihnachtseinkauf in Deutschland (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Anteil der Mittelschicht an der Gesamtgesellschaft ist der Studie nach seit 1997 um 5,5 Millionen Menschen auf nunmehr rund 47 Millionen zurückgegangen. Anders ausgedrückt, der Anteil der Menschen in der Mittelschicht sank von 65 auf 58 Prozent. "Immer weniger Menschen gelingt der Aufstieg aus den unteren Einkommen in die Mittelschicht", lautet dann auch das Fazit einer Analyse der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bremen.

Der Anteil der Menschen in den unteren Einkommensschichten sei im gleichen Zeitraum um knapp vier Millionen Personen, das entspricht fünf Prozent, gewachsen. Die Zahl der Spitzenverdiener sei leicht angestiegen, während sich die Einkommensoberschicht kaum verändert habe. Selbst eine gute Ausbildung sei heute keine Garantie für ein Leben in gesichertem Wohlstand, so die Wissenschaftler.

Mehr Abstiege als Aufstiege

Der Aufstieg in die Mittelschicht werde immer seltener, erklärte die Stiftung. Die Mitte wachse daher nicht mehr durch einen Zustrom aus unteren Einkommensschichten. Zwar gebe es durch zunehmend bessere Bildung und höhere berufliche Positionen in der Mittelschicht noch Aufstiegschancen. Allerdings überwiege die Abstiegsmobilität. Besonders die unteren Einkommen der Mittelschicht seien gefährdet, in einkommensschwache Bereiche abzurutschen. Jeder Vierte in der Mittelschicht habe die latente Sorge, seinen Status zu verlieren.

"Steuerpolitik trifft Mitschuld"

Auch die Steuerpolitik trägt nach Einschätzung der Forscher eine Mitschuld daran, dass die Mittelschicht schrumpft. Von den seit Mitte der 1990er Jahre durchgeführten Steuerreformen, die zu einer Senkung des Spitzensteuersatzes führten, hätten besonders einkommensstarke Menschen überproportional profitiert. "Die Mittelschicht wurde dagegen deutlich weniger von den geänderten Steuertarifen entlastet."

Arbeitsmarktreformen und der Rückgang normaler Arbeitsverhältnisse seien eine weitere Ursache. "Die entstandenen atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind in der Regel durch eine unterdurchschnittliche Entlohnung gezeichnet", hieß es. Hinzu komme der Trend zu mehr Ein-Personen-Haushalten. Diese führten zu größerer Einkommensungleichheit, "da keine Ersparnisse durch gemeinsames Wirtschaften wie in größeren Haushalten erzielt werden".

Die Studie beruht auf dem sogenannten sozioökonomischen Panel, für das jährlich 20.000 Erwachsene befragt werden. Zur Mittelschicht gehört danach, wer über 70 bis 150 Prozent des mittleren Netto-Einkommens verfügt. Das sind beispielsweise Familien mit zwei Kindern unter 18, die rund 2400 bis 5100 Euro monatlich zur Verfügung haben.

qu/hp (rtr, dpa, epd)