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Politik

Deutsch-Kameruner Wilfried Siewe wieder frei

Silja Fröhlich
9. Dezember 2020

Fast zwei Jahre saß er in Kamerun wegen fragwürdiger Vorwürfe in Haft. Nun ist Winfried Siewe zurück in Deutschland. Seine Familie ist erleichtert.

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Deutschland/Kamerun Aktion "Befreit Wilfried Siewe"
Bild: change.org

Am Ende ging alles dann ganz schnell: Am Samstag (05.12.) wurde Wilfried Siewe aus dem Zentralgefängnis der kamerunischen Hauptstadt Yaounde entlassen. Seit Montag ist er wieder in seiner bayerischen Heimatstadt Erlangen. "Er ist zu Hause und muss erst mal zur Ruhe kommen", sagte seine Ehefrau Layoko Siewe der Deutschen Welle.

21 Monate hatte der Deutsch-Kameruner mit etwa 15 anderen Häftlingen in einer 18 Quadratmeter großen Zelle verbracht. Die kamerunischen Behörden hatten ihn 2019 festgenommen, als er in Kamerun Urlaub machte. Begründung: Siewe habe Fotos von Demonstrationen gegen den kamerunischen Staatschef Paul Biya auf seinem Handy gehabt und Kontakte zur Opposition gepflegt.  Unter anderem soll er an einer Besetzung der kamerunischen Botschaft in Berlin durch Anhänger von Oppositionsführer Maurice Kamto teilgenommen habe. Später wurde ihm vorgeworfen, an einer Gefängnisrevolte beteiligt gewesen zu sein. Siewe hat die Vorwürfe stets bestritten.

Kamerun l Gefängnis in Kondengui, Sicherheitskräfte Polizei
21 Monate saß Wilfried Siewe im Gefängnis in KondenguiBild: cc by M. E. Kindzeka (VOA)

Im August 2019 wurde der Erlanger zu drei Jahren Haft verurteilt. In einem Revisionsverfahren im Oktober 2020 wurde die Strafe auf 16 Monaten Haft reduziert. Die bereits abgesessene Haftzeit wurde ihm angerechnet. Dadurch konnte er im Dezember entlassen werden.

Initiative für Dialog?

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann äußerte sich erleichtert über Siewes Freilassung: "Wir freuen uns sehr, dass er endlich frei ist. Im Bundestag wurden viele Initiativen ergriffen, um das Auswärtige Amt aufzufordern, seine Freilassung zu fordern", so Hoffmann zur DW. Auch in Siewes Heimatstadt Erlangen hatte sich eine Unterstützergruppe gebildet. Der Fall hatte unter in Deutschland lebenden Kamerunern große Besorgnis ausgelöst. Die Freilassung Siewes hält Hoffmann nicht für einen Zufall: "Ich glaube, dass Präsident Biya versucht hat, eine Initiative für einen Dialog zu schaffen, und er hat dafür auch einige Gefangene freigelassen."

Kamerun steckt seit Jahren in einer schweren politischen Krise. Präsident Paul Biya regiert seit 1982. Menschenrechtsorganisationen werfen ihm vor, die Opposition zu unterdrücken. Seine Regierung steht wegen des Konflikts in den englischsprachigen Regionen des Landes auch international in der Kritik: Seit Separatisten dort 2017 symbolisch den Staat "Ambazonien" ausriefen, greifen Polizei und Armee hart durch. In den vergangenen Jahren kamen laut der Gesellschaft für bedrohte Völker mindestens 3000 Menschen durch den Konflikt ums Leben, über 700.000 Menschen flohen in andere Landesteile oder ins Ausland.

"Biyas Regierung und die Sicherheitskräfte gehen hart gegen alles vor, was ihrer Meinung nach gegen die gegenwärtige Regierung gerichtet ist. Und sie machen vor dem deutschen Staatsbürger Wilfried Siewe nicht Halt", sagte die linke Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler nach Siewes Festnahme 2019.

Mitarbeit: Delali Sakpa, Eric Topona, Ali Farhat, Carolin Born