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Auszeichnung für Beate und Serge Klarsfeld

Petra Lambeck mit dpa, afp, kna, epd
26. Juni 2019

Seit Jahrzehnten kämpfen sie gegen das Vergessen und für Gerechtigkeit. Die Ohrfeige, die Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kiesinger 1968 aus Protest gegen dessen Nazi-Vergangenheit verpasste, machte das Paar berühmt.

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Frankreich Paris | Beate & Serge Klarsfeld
Bild: picture-alliance/dpa/C. Böhm

Sie sind ein außergewöhnliches Ehepaar, so viel steht fest. Beate und Serge Klarsfeld haben ihr Leben dem Kampf gegen den Nationalsozialismus und der gerechten Verfolgung der NS-Täter gewidmet - und dafür selbst Haftstrafen in Kauf genommen. Ihre Mission: ehemalige Nazis enttarnen und dafür sorgen, dass sie sich vor Gericht verantworten müssen.

Für ihr Engagement sind sie bereits mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Nun werden sie auch mit dem Großen Deutsch-Französischen Medienpreis geehrt. Damit werden Verdienste für eine grenzüberschreitende Verständigung ausgezeichnet. 

"Beate und Serge Klarsfeld sind ein Vorbild für den Kampf gegen das Vergessen", erklärt Thomas Kleist, der Vorsitzende der Preisstifter. "Die Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte wäre ohne ihr Engagement anders verlaufen."

"Kiesinger: Nazi, abtreten"

Mit diesen Worten näherte sich Beate Klarsfeld im November 1968 dem damaligen deutschen Bundeskanzler. Sie war 29 Jahre alt, politisch sehr engagiert und auf dem CDU-Parteitag bis zum Rednerpult vorgedrungen. Dort schlug sie Kurt Georg Kiesinger mit der Hand mitten ins Gesicht - eine symbolische Ohrfeige der jungen Generation für die Taten der Nazi-Väter-Generation.

Beate Klarsfeld wird abgeführt
1968: Nach ihrer Ohrfeige gegen Bundeskanzler Kiesinger wird Beate Klarsfeld in Handschellen abgeführtBild: picture-alliance/AP Photo

Beate Klarsfeld wurde sofort verhaftet, schaffte es aber mit ihrer spektakulären Aktion auf die Titelseiten der internationalen Presse. Die Reaktionen der Öffentlichkeit waren geteilt: Der Schriftsteller Heinrich Böll schickte ihr nach der Tat 50 rote Rosen, viele Deutsche sahen in ihr dagegen eine "Nestbeschmutzerin". 

Und Kiesinger war nicht der Einzige, den das Ehepaar Klarsfeld im Visier hatte. In akribischen Recherchen machten die beiden die Aufenthaltsorte von hohen NS-Verbrechern ausfindig, darunter den früheren Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie. 

Beate und Serge Klarsfeld sorgten auch dafür, dass sich die NS-Täter vor Gericht verantworten mussten. Und sie gaben eine Dokumentation mit den Namen aller 80.000 aus Frankreich deportierten Juden heraus. 

Beate und Serge Klarsfeld gehen an Demonstranten vorbei
Das Ehepaar Klarsfeld beim Betreten eines Kölner Gerichts (1971)Bild: picture-alliance/dpa

Für ihre Verdienste wurden sie international ausgezeichnet: Die israelische Knesset schlug Beate Klarsfeld zwei Mal für den Friedensnobelpreis vor. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron verlieh Serge Klarsfeld 2018 das Große Kreuz der Ehrenlegion, seiner Frau Beate Klarsfeld den Nationalen Verdienstorden. 

Engagement bis ins hohe Alter

Trotz ihres Alters von 80 und 83 Jahren engagieren sich die Klarsfelds bis heute gegen Rassismus und Antisemitismus. Vor ein paar Monaten kritisierte Serge Klarsfeld das Wiederaufleben des "Hasses auf Juden". Auslöser war der tödliche Anschlag auf eine Synagoge im US-Bundesstaat Kalifornien.

Er forderte zudem US-Präsident Donald Trump auf, klar Stellung gegen Rechtsextremismus zu beziehen. "Die Geschichte kennt kein Ausruhen", schreibt Beate Klarsfeld im Nachwort ihrer Memoiren. Ein "friedliches  Pensionisten-Dasein" komme für sie beide daher nicht in Frage.

Der Große Deutsch-Französische Medienpreis wird jährlich an Organisationen oder Einzelne verliehen, die sich für die deutsch-französische und europäische Verständigung eingesetzt haben. Im vergangenen Jahr ging er an den Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas.

Jürgen Habermas, deutscher Philosoph
Preisträger 2018: Der deutsche Philosoph Jürgen HabermasBild: picture-alliance/dpa/A.I. Bänsch

Zu den bisherigen Medienpreisträgern gehören unter anderen Helmut Schmidt, Tomi Ungerer, Simone Veil, Volker Schlöndorff und Alfred Grosser. Die diesjährige Preisverleihung  findet am 3. Juli 2019 in Paris statt.