Der Traum vom besseren Flüchtlingsheim
4. August 2016Wenn Mahmood aus seinem Fenster blickt, kann er das Meer vor Thessaloniki sehen. Manchmal, wenn der Himmel klar ist, sieht er sogar den Gipfel des Bergs Olymp. "Hier haben wir endlich ein Zimmer. Vorher lebten wir in einem Zelt im Flüchtlingscamp von Lagadikia", erzählt er und formt mit den Fingern ein kleines Rechteck, um anzudeuten, wie klein sein Zelt dort war.
Mahmood ist einer von 140 Menschen, die in der neuen Flüchtlingsunterkunft "Elpida" in der Nähe des Gewerbegebietes von Thessaloniki leben. Er bewohnt gemeinsam mit seinen Freunden Mohammed, Ahmed und Ahmeds Zwillingsbruder, der gerade schläft und nichts von der Unterhaltung um ihn herum mitkriegt, ein Zimmer.
Staat und private Stifter arbeiten Hand in Hand
Elpida heißt Hoffnung auf Griechisch. Die Unterkunft ist ein gemeinsames Projekt vom griechischen Staat und einem privaten Sponsor, das zeigen will, wie man mit den Herausforderungen der Flüchtlingskrise wirksam und gleichzeitig menschlich umgehen kann. Die Idee zu dem alternativen Flüchtlingsheim stammt von Amed Khan, einem US-amerikanischen Investor und Wohltäter. Er hat Elpida gemeinsam mit der kanadischen Radcliffe Stiftung und der griechischen Migrationsbehörde gegründet, die Teil des Innenministeriums ist.
"Ich habe die Inseln besucht und die Lager auf dem Festland. Mir ist aufgefallen, wie schrecklich die Bedingungen für Flüchtlinge dort sind. Trotz der Gelder, die dort hineinfließen, kann ich nichts Menschliches darin erkennen. Also habe ich entschieden, zu zeigen, dass es auch anders geht", sagt Khan der DW.
Elpida war mal eine Textilfabrik. Diese ging vor ein paar Jahren bankrott. Die Migrationsbehörde hat das 6.000 Quadratmeter große Gebäude angemietet und freiwillige Helfer renovierten das Haus von Grund auf. Die Idee hinter Elpida: Flüchtlingen das zu geben, was sie brauchen. Ein selbstverwalteter Ort, an dem Menschen in der Lage sein sollen, ihren normalen Alltag weiter zu leben. "Wir wollten etwas neues ausprobieren. Vielleicht sogar das Gegenteil von dem, was bisher gemacht wird", sagt Ahmed Khan. "Wir wollen die Menschen unabhängig machen, anstatt ihre Abhängigkeit zu erhöhen."
Obwohl in Elpida teilweise noch gebaut wird, wirkt es einladend. Um die Flüchtlinge mit nachhaltiger Lebensweise vertraut zu machen, gibt es einen Garten, in dem jeder etwas anbauen kann. Die Kinder können auf den Spielplätzen spielen. Außerdem gibt es einen geschützten Bereich für Frauen. Dort können sie an diversen Aktivitäten teilnehmen - von Schachspielen bis zu Gymnastik und Yoga. "Die Menschen, die zu uns kommen, sind Opfer eines Krieges, den sie nicht verursacht haben. Und sie bekommen nicht den internationalen Schutz, der ihnen eigentlich zusteht", sagt Elpida-Gründer Amed Khan.
Doch manche der neuen Bewohner von Elpida haben noch gemischte Gefühle. Bei Sadam überwiegen noch die Vorbehalte: "Es mag ja sein, dass wir private Zimmer haben, ich sehe jedoch keinen Unterschied zum Camp in Giannitsa. Aber ich werde in ein paar Tagen sicherlich ein besseres Bild haben", sagt Sadam mit skeptischem Gesichtsausdruck.
Die meisten der neuen Anwohner von Elpida sind jedoch begeistert, insbesondere die jüngeren. "Es ist besser als ein Hotel, es gibt uns wirklich Hoffnung", sagt Radwan auf dem Weg zum Englischkurs.
Ein Zuhause für die Schwächsten
Die Flüchtlinge, die in Elpida leben, werden zum Großteil als besonders schutzbedürftig eingestuft: Große Familien zum Beispiel und Kranke, für die die Umstände in anderen Flüchtlingscamps besonders schwer zu ertragen sind. Die meisten waren vorher in Lagadikia untergebracht. Dort haben Helfer und Flüchtlinge mehrfach die mangelnde medizinische Versorgung kritisiert.
Ein aktueller Bericht des griechischen Zentrums zur Kontrolle und Prävention von Krankheiten fordert die Schließung diverser Flüchtlingslager - und scheint somit die Bedenken vieler zu untermauern.
Stolz zeigen Mahmood und seine Freunde die neu gestrichenen Wände in ihrem Zimmer. Es ist nicht zu übersehen, dass sich die meisten Flüchtlinge in Elpida endlich wohl fühlen - zumindest ein bisschen. Die Flüchtlingskrise in Griechenland mag noch nicht vorüber sein. Aber Elpida gibt seinen Bewohnern Hoffnung, trotz der Anfangsschwierigkeiten.