1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Traum vom besseren Flüchtlingsheim

Marianna Karakoulaki, Dimitris Tosidis / vk4. August 2016

Ein Flüchtlingszentrum im Norden Griechenlands will die Lebensumstände von Geflüchteten verbessern. Dazu gehört auch, dass sie selbst putzen. Aus Thessaloniki berichten Marianna Karakoulaki und Dimitris Tosidis.

https://p.dw.com/p/1JaPy
Eine neue Flüchtlingsunterkunft in Thessaloniki (Foto: DW/D. Tosidis)
Bild: DW/D. Tosidis

Wenn Mahmood aus seinem Fenster blickt, kann er das Meer vor Thessaloniki sehen. Manchmal, wenn der Himmel klar ist, sieht er sogar den Gipfel des Bergs Olymp. "Hier haben wir endlich ein Zimmer. Vorher lebten wir in einem Zelt im Flüchtlingscamp von Lagadikia", erzählt er und formt mit den Fingern ein kleines Rechteck, um anzudeuten, wie klein sein Zelt dort war.

Mahmood ist einer von 140 Menschen, die in der neuen Flüchtlingsunterkunft "Elpida" in der Nähe des Gewerbegebietes von Thessaloniki leben. Er bewohnt gemeinsam mit seinen Freunden Mohammed, Ahmed und Ahmeds Zwillingsbruder, der gerade schläft und nichts von der Unterhaltung um ihn herum mitkriegt, ein Zimmer.

Staat und private Stifter arbeiten Hand in Hand

Elpida heißt Hoffnung auf Griechisch. Die Unterkunft ist ein gemeinsames Projekt vom griechischen Staat und einem privaten Sponsor, das zeigen will, wie man mit den Herausforderungen der Flüchtlingskrise wirksam und gleichzeitig menschlich umgehen kann. Die Idee zu dem alternativen Flüchtlingsheim stammt von Amed Khan, einem US-amerikanischen Investor und Wohltäter. Er hat Elpida gemeinsam mit der kanadischen Radcliffe Stiftung und der griechischen Migrationsbehörde gegründet, die Teil des Innenministeriums ist.

Eine neue Flüchtlingsunterkunft in Thessaloniki (Foto: DW/D. Tosidis)
Der Elpida-Projektmanager Mike Zuckerman (links) und Gründer Amed Khan: Zeigen, dass es anders gehtBild: DW/D. Tosidis

"Ich habe die Inseln besucht und die Lager auf dem Festland. Mir ist aufgefallen, wie schrecklich die Bedingungen für Flüchtlinge dort sind. Trotz der Gelder, die dort hineinfließen, kann ich nichts Menschliches darin erkennen. Also habe ich entschieden, zu zeigen, dass es auch anders geht", sagt Khan der DW.

Elpida war mal eine Textilfabrik. Diese ging vor ein paar Jahren bankrott. Die Migrationsbehörde hat das 6.000 Quadratmeter große Gebäude angemietet und freiwillige Helfer renovierten das Haus von Grund auf. Die Idee hinter Elpida: Flüchtlingen das zu geben, was sie brauchen. Ein selbstverwalteter Ort, an dem Menschen in der Lage sein sollen, ihren normalen Alltag weiter zu leben. "Wir wollten etwas neues ausprobieren. Vielleicht sogar das Gegenteil von dem, was bisher gemacht wird", sagt Ahmed Khan. "Wir wollen die Menschen unabhängig machen, anstatt ihre Abhängigkeit zu erhöhen."

Obwohl in Elpida teilweise noch gebaut wird, wirkt es einladend. Um die Flüchtlinge mit nachhaltiger Lebensweise vertraut zu machen, gibt es einen Garten, in dem jeder etwas anbauen kann. Die Kinder können auf den Spielplätzen spielen. Außerdem gibt es einen geschützten Bereich für Frauen. Dort können sie an diversen Aktivitäten teilnehmen - von Schachspielen bis zu Gymnastik und Yoga. "Die Menschen, die zu uns kommen, sind Opfer eines Krieges, den sie nicht verursacht haben. Und sie bekommen nicht den internationalen Schutz, der ihnen eigentlich zusteht", sagt Elpida-Gründer Amed Khan.

Eine neue Flüchtlingsunterkunft in Thessaloniki (Foto: DW/D. Tosidis)
Die Idee von Elpida ist, dass Flüchtlinge sich selbst organisieren. Dazu gehören auch PutzdiensteBild: DW/D. Tosidis

Doch manche der neuen Bewohner von Elpida haben noch gemischte Gefühle. Bei Sadam überwiegen noch die Vorbehalte: "Es mag ja sein, dass wir private Zimmer haben, ich sehe jedoch keinen Unterschied zum Camp in Giannitsa. Aber ich werde in ein paar Tagen sicherlich ein besseres Bild haben", sagt Sadam mit skeptischem Gesichtsausdruck.

Die meisten der neuen Anwohner von Elpida sind jedoch begeistert, insbesondere die jüngeren. "Es ist besser als ein Hotel, es gibt uns wirklich Hoffnung", sagt Radwan auf dem Weg zum Englischkurs.

Ein Zuhause für die Schwächsten

Die Flüchtlinge, die in Elpida leben, werden zum Großteil als besonders schutzbedürftig eingestuft: Große Familien zum Beispiel und Kranke, für die die Umstände in anderen Flüchtlingscamps besonders schwer zu ertragen sind. Die meisten waren vorher in Lagadikia untergebracht. Dort haben Helfer und Flüchtlinge mehrfach die mangelnde medizinische Versorgung kritisiert.

Ein aktueller Bericht des griechischen Zentrums zur Kontrolle und Prävention von Krankheiten fordert die Schließung diverser Flüchtlingslager - und scheint somit die Bedenken vieler zu untermauern.

Eine neue Flüchtlingsunterkunft in Thessaloniki (Foto: DW/D. Tosidis)
Flüchtlinge sollen sich zu Hause fühlen und dürfen ihre Zimmer selbst gestaltenBild: DW/D. Tosidis

Stolz zeigen Mahmood und seine Freunde die neu gestrichenen Wände in ihrem Zimmer. Es ist nicht zu übersehen, dass sich die meisten Flüchtlinge in Elpida endlich wohl fühlen - zumindest ein bisschen. Die Flüchtlingskrise in Griechenland mag noch nicht vorüber sein. Aber Elpida gibt seinen Bewohnern Hoffnung, trotz der Anfangsschwierigkeiten.