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Umstrittene Winterpause

Wim Abbink16. Januar 2007

Die Bundesliga hat Winterpause - also ist Winter. Die Logik dieser Aussage ist ebenso umwerfend wie falsch. Deshalb erscheinen Zweifel am Sinn der winterlichen Spielunterbrechung durchaus angebracht.

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Berliner Olympiastadion im Winter
Es war einmal ...<br> Winterstimmung am Berliner OlympiastadionBild: pa / dpa

Die Temperaturen sinken kaum unter den Gefrierpunkt, Schnee ist Mangelware, doch in Fußball-Deutschland herrscht "Auszeit ohne Eiszeit". Wie in jedem Jahr zu dieser Zeit wird auch jetzt wieder der Ruf nach einer Abschaffung oder zumindest Reduzierung der Winterpause laut. Und wie immer fühlt sich kaum jemand nicht bemüßigt, Stellung zu beziehen.

"Purer Luxus". So kritisiert Franz Beckenbauer die fünfwöchige Winterpause, die sich die Bundesliga in dieser Saison gönnt. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den hohen Standard der deutschen Fußball-Tempel, die dem Winter locker trotzen. Was allerdings höchstens für die Arenen AufSchalke und in Frankfurt gelten dürfte, die nun wirklich wetterfest sind.

Böse Zungen

Unterstürzung bekommt der "Kaiser" von einem anderen Fußball-Guru, FIFA-Boss Sepp Blatter. Aber ob man den wirklich ernst nehmen muss? Wenige Wochen zuvor sprach sich der Schweizer noch für die Beibehaltung der Winterpause aus. Er wollte dafür die Sommerpause abschaffen - eine Meisterschaft nach schwedischem Muster also.

FIFA-Boss Blatter schießt am Ball vorbei
Trifft gerne mal daneben:
FIFA-Boss Sepp BlatterBild: AP

Zurück zum Winter. Tatsächlich ist die Unterbrechung des Spielbetriebs in der Bundesliga recht üppig bemessen - zumindest im Vergleich zu anderen Fußball-Ligen. Italiener, Spanier und Franzosen genehmigen sich nur eine kurze Auszeit über die Feiertage. Und Briten und Niederländer kicken selbst an Weihnachten, Silvester und Neujahrstag. Böse Zungen behaupten zwar, dass die fehlende Winterpause die Ursache dafür sei, dass es die Engländer mit der Nationalmannschaft nie zu was bringen. Nicht weniger böse Zungen allerdings halten dies für baren Unsinn - es läge einfach daran, dass dort zu viele Engländer spielen.

Kommerzielle Zwänge

Auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff kann der Zwangsunterbrechung im Winter nur wenig abgewinnen: "Ich habe es als Profi 13 Jahre ohne Winterpause geschafft." Sie sei nicht so wichtig, auch weil sie zu kurz sei um richtig zu regenerieren. Louis van Gaal, Trainer des niederländischen Ehrendivisionärs AZ Alkmaar, plädiert gar für einen "Winterstop" von mindestens drei Monaten. Fußball sei halt ein Sommersport. Auch Werder Bremens Trainer Thomas Schaaf findet die Winterpause ganz sinnvoll. Bei der hohen Belastung für die Spieler sei die Pause wichtig: Sie bräuchten jeden Tag zur Regeneration.

Louis van Gaal, Trainer von AZ Alkmaar
Louis van Gaal, Trainer von AZ AlkmaarBild: pa / dpa

Über diese Argumente kann man im Mutterland des Fußballs nur müde lächeln. In keiner Liga werden so viele Spiele ausgetragen wie in England. Rob Swire, Chef-Physiotherapeut bei Manchester United, würde zwar eine Winterpause begrüßen. Auch aus den medizinischen Abteilungen der anderen Premier-League-Vereine ist zu hören, dass eine Pause vor allem Spitzenspielern gut tun würde. Aber alle kennen auch die kommerziellen Zwänge - viele Spiele bedeuten viele (Fernseh-)Gelder. Außerdem verweisen sie darauf, dass die großen Kader ja durchaus eine Rotation erlauben.

Schluss mit komischen Hallenturnieren

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfarth, Teamarzt des deutschen Rekordmeisters Bayern München, ist durchaus der Meinung, die Bundesliga sollte die Winterpause abschaffen - und dafür die Spieler mehr Sommerurlaub gewähren. Dagegen wettert Professor Wilfried Kindermann, ehemals Betreuer der Fußball-Nationalmannschaft und derzeit Olympia-Arzt: "Eine sinnvoll genutzte Winterpause bedeutet sowohl Gesundheitsvorsorge als auch Leistungsoptimierung."

Übrigens: Bald ist auch in der Bundesliga die (diesjährige) Winterpause vorbei. Schluss mit den langweiligen Testspielen in südlichen Trainingsquartieren. Schluss auch mit den operettenartigen Hallenturnieren. Ab dem 26. Januar rollt der Ball wieder richtig: auf den Bundesliga-Plätzen. Spätestens dann wird wohl auch der Winter da sein.