1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Besatzungsmächte ziehen sich langsam zurück

22. Oktober 2010

Bis heute sind ausländische Streitkräfte in Deutschland stationiert. Die britische Regierung muss sparen und bläst jetzt zum Rückzug. Die Franzosen wollen folgen. Werden sich die USA ähnlich entscheiden?

https://p.dw.com/p/PlbR
US-Soldaten in Tarnanzügen (Foto: AP)
US Soldaten bleiben noch in DeutschlandBild: AP

Längst sind sie normale Nachbarn und Freunde. Nüchtern betrachtet, gehören sie einfach zu den verbündeten NATO-Einheiten. Die ehemaligen Truppenstärken der Briten, Franzosen und Amerikaner in Deutschland sind allerdings in den letzten Jahren stark reduziert worden. Von den ehemals 300.000 amerikanischen Soldaten gibt es in Deutschland heute gerade noch 55.000, die Briten sind noch mit rund 20.000 und die Franzosen mit gerade einmal 2.800 Soldaten vertreten.

Dabei nutzen sie einige der traditionellen Standorte in den ehemaligen Besatzungszonen, die Briten also hauptsächlich in Niedersachsen und Nordrhein Westfalen, die Amerikaner in Bayern und Rheinland Pfalz und die Franzosen in Baden Würtemberg. Vollständig abgezogen wurden die einst 500.000 sowjetischen Soldaten aus Ostdeutschland. Das legte der so genannte 2+4 Vertrag zur Wiedervereinigung fest.

Archivbild: Sowjet-Panzer am 17. Juni 1953 in Ostberlin (Foto: picture-alliance/akg-images)
Der Arbeiteraufstand 1953 in der DDR wurde mit sowjetischen Panzern niedergeschlagenBild: picture-alliance/ akg-images

Truppenreduzierung startete mit Abzug der Sowjetarmee

Hatte die sowjetische Armee der DDR sogar ihre Anwesenheit in Rechnung gestellt und so fast zehn Prozent des DDR Haushaltes kassiert, erhielten die Sowjetsoldaten von der Bundesrepublik eine finanzielle Unterstützung für ihre Rückkehr nach Russland. Der Abzug der einst so bedrohlichen Armeemacht verlief friedlich und zügig. Im Gegenzug verringerten Briten, Franzosen und Amerikaner ihre in West-Deutschland stationierten Einheiten. Kanadier und Belgier zogen nach 1990 komplett ab. Der kalte Krieg war vorüber.

Dass sich die ehemaligen Befreier und Besatzungsmächte überhaupt so lange in Deutschland aufhalten konnten, war in Westdeutschland immer wieder umstritten. In den 1950er Jahren regelte das ein gesonderter Aufenthaltsvertrag und später der Beitritt Deutschlands zur NATO. In den 1980er Jahren richteten sich Proteste gegen die Stationierung von atomaren Mittelstreckenwaffen und auch gegen die (west-)deutsche NATO-Mitgliedschaft. Das wiedervereinigte Deutschland erlebte als NATO-Mitgllied den Zusammenbruch des so genannten Ost-Blocks und die Auflösung des Warschauer Paktes.

Präsenz in Deutschland unter Kostendruck

Britischer Soldat (Foto: AP)
Die britischen Soldaten ziehen bis 2020 abBild: AP

Was geblieben ist, ist der geografische Vorteil Deutschlands in der Mitte Europas und die Verpflichtung, sich in einem Angriffsfall im Verteidigungsbündnis NATO gegenseitig beizustehen. Allerdings wirken auch hier die Zwänge steigender Kosten bei knappen Budgets. Die Briten haben sich jetzt klar entschieden. Sie geben bis zum Jahr 2020 alle ihre Standorte auf – unter anderen in Bielefeld, Gütersloh, Mönchengladbach und Münster. Immerhin hat Großbritannien in Deutschland ein Fünftel seiner gesamten Militärstärke stationiert. Das kostet zuviel, argumentiert der britische Premierminister. Zumal die Briten mit 9000 Soldaten das größte europäische NATO-Kontingent in Afghanistan stellen.

Französische Soldaten bei einer Parade (Foto: AP)
Französische Soldaten sollen auch abgezogen werdenBild: AP

Sparen will auch die französische Regierung. Danach soll die Präsenz der knapp 3000 französischen Soldaten in Deutschland komplett abgebaut werden. Betroffen davon wäre auch die deutsch-französische Brigade. Die letzte Entscheidung ist dazu noch nicht gefallen. Allerdings plant die Regierung Sarkozy wohl 50.000 Stellen in der französische Armee zu streichen, insbesondere in Afrika und in anderen Überseegebieten. Armeereduzierung ist überall angesagt.

Die Amerikaner tragen mit ihrem Einsatz im Irak und Afghanistan Kosten in Milliardenhöhe. Längst schon sollten deshalb in Deutschland nur noch 24.000 US Soldaten verbleiben. US-Verteidigungsminister Robert Gates ruderte allerdings zurück. Immerhin überlässt Deutschland der US-Armee viele Grundstücke und Gebäude kostenlos, und der grösste amerikanische Standort ausserhalb der USA in Kaiserslautern wurde für die Airbase Ramstein aufwendig ausgebaut. Behördenbedenken wurden ausgeräumt und Bürgerproteste wurden abgewehrt. Rund 13.000 Einsprüche von deutschen Bürgern musste die US Armee schließlich finanziell ausgleichen. Nach einem derartigen Aufwand bleibt die US-Armee erst einmal noch etwas – vorerst jedenfalls.

Autor: Wolfgang Dick
Redaktion: Hartmut Lüning