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Weniger Geld durch Privatisierungen

2. März 2012

Der Verkauf griechischen Staatsbesitzes soll 15 Milliarden Euro einbringen, ein Mehrfaches hatte man sich erhofft. Der Leiter der Privatisierungsbehörde erläutert im DW-Interview diese Zahlen.

https://p.dw.com/p/14E9G
Privatisierungsbehörde
Bild: DW

Um die Staatsschulden, die Griechenland schier ersticken, zu senken, müssen die Griechen viel sparen. Um auf der anderen Seite die Einnahmen zu erhöhen, soll Staatseigentum verkauft werden. Dazu hat die Regierung Papademos ein umfassendes Privatisierungsprogramm beschlossen, das dem Haushalt einen Geldsegen in Milliardenhöhe bescheren soll: 50 Milliarden Euro wollte Athen durch den Verkauf von Staatsvermögen erlösen.

Doch dann wurde genauer nachgerechnet und festgestellt, dass höchstens 15 Milliarden Euro bis 2015 dabei herauskommen werden. In diesem Jahr ist lediglich mit rund drei Milliarden Euro zu rechnen. Diese Zahlen seien, so der Leiter der Privatisierungsbehörde gegenüber der DW, realistisch und auch bereits jenen Organisationen bekannt, die der griechischen Regierung helfen wollen, den Staatsbankrott zu vermeiden.

Eine eigene Behörde

Um das groß angelegte Privatisierungsprogramm durchführen zu können, hat die griechische Regierung eigens eine Behörde geschaffen, die als Aktiengesellschaft aufgestellt ist. Sie wird geleitet von Jannis Kukiadis, einen ehemaligen Juraprofessor.

""Unser Ziel in 2012 ist es, rund drei Milliarden Euro einzunehmen", so Kukiadis im Gespräch mit der DW. "Über die zu erwartenden Einnahmen durch Privatisierungen ist die Troika (Vertreter der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds) informiert. Es hängt jedoch auch von den potentiellen Investoren ab, was die Privatisierungen letztendlich einbringen werden. Bis 2015 erwarten wir insgesamt 15 Milliarden. Der Privatisierungsplan ist in drei Bereichen unterteilt: 50% umfasst Immobilien, 30% Infrastruktur, wie etwa Energieversorger, Nutzung von Flughäfen oder Häfen, und die restlichen 20% entfallen auf Staatsunternehmen."

Zurzeit hagelt es von fast allen Seiten an Kritik wegen der vielen Verzögerungen im Privatisierungsprozess. Jannis Kukiadis weist die Kommentare, nach denen der griechische Staat gar nicht verkaufen will, zurück:

epa02727257 Anchored ships are seen in the port of Piraeus, Greece during a 24-hour strike of seamen, 11 May 2011. Violent clashes broke out in Athens between riot police and protesters who marched to parliament during a nationwide strike against austerity measures. EPA/ALKIS KONSTANTINIDIS +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der Hafen von Piräus ist auch im AngebotBild: picture-alliance/dpa

"In den letzten zwei Monaten war der Markt praktisch tot. Der Grund war die bis vor kurzem offene Frage der Privatbeteiligung, also Banken, Investoren und Hedgefonds, am griechischen Schuldenschnitt. Seitdem die Entscheidung der Eurogruppe für einen Verzicht von ca. 70% vorliegt, bin ich zuversichtlich, dass der Markt sich im Laufe des Monats März erholen wird. Die Investoren haben sich bewusst zurückgehalten, da die Unsicherheit ziemlich groß war. Dieses Problem wurde mittlerweile beseitigt und wir erwarten jetzt ein reges Interesse der Investoren".

Von der Lotterie bis zum Hafen – ein breites Angebot

Der Chef der Privatisierungsbehörde ist überzeugt, dass seine Behörde das liefern wird, was der Staat jahrelang nicht schaffen wollte oder konnte. Er weist aber auch auf möglichen Widerstand seitens der griechischen Gewerkschaften oder sogar der Politik hin:

"Solange die Privatisierungen in öffentlicher Hand lagen hat die Bürokratie es praktisch nicht zugelassen, dass sich irgendetwas bewegt. Die neue Privatisierungsbehörde wurde vor acht Monaten, im Juli 2011 gegründet. Seit dem wurde der Privatisierungsprozess enorm beschleunigt. Aus technischer Seite ist viel getan worden. Jetzt ist der Markt am Zug. Wir hoffen natürlich, dass wir keinen sozialen oder etwa politischen Widerstand gegen die Privatisierungen haben werden".

Die Verkaufsliste der griechischen Regierung ist lang, da dem Staat viel mehr gehört, als das in anderen EU-Staaten üblich ist. Ein griechischer Wirtschaftsjournalist beschrieb daher Griechenland als den "letzten sozialistische Staat in Europa", da zu viele Unternehmen noch immer in öffentlicher Hand sind. Was genau zum Verkauf angeboten wird, erläutert Jannis Kukiadis:

ILLUSTRATION - Zwei Miniaturfiguren, die Arbeiter darstellen sollen, stehen am Montag (20.06.2011) in Schwerin neben einer griechischen Euromünze. Die Länder mit der Euro-Währung bewegen sich in kleinen Schritten auf eine Rettung Griechenlands vor der Pleite zu. Private Gläubiger wie Banken könnten auf freiwilliger Basis eingebunden werden. Foto: Jens Büttner dpa/lmv
Flash-Galerie Symbolbild EuroBild: picture-alliance/dpa

"Zum Verkauf stehen die öffentlichen Gasversorger, die staatliche Lotterie, die Pferderennbahn in Athen, das Gelände des früheren Athener Flughafens und der Hotelkomplex Asteras im Vorort Vouliagmeni. In einer zweiten Phase werden die griechischen Ölraffinerien und natürlich die Nutzung von Infrastruktur, wie etwa Flughäfen und die großen Häfen von Piräus und Thessaloniki angeboten. Wir haben einen Gesamtplan ausgearbeitet für die Nutzung von Flug- bzw. Schiffshäfen, aus dem wir uns wichtige Impulse für den Aufschwung der griechischen Wirtschaft erhoffen".

Autoren: Stephanos Georgakopoulos/Miltos Arsenopoulos
Redaktion: Dirk Kaufmann