Das Teekesselchen
Teekesselchen spielen heißt: Homonyme erraten. Ein Homonym ist ein Wort, das unterschiedliche Bedeutungen hat. Das klingt nicht nach besonders viel Spaß. Macht aber Spaß.
Teekesselchen: „Auf meinem Teekesselchen kann man sitzen“. Und: „Auf meinem Teekesselchen kann man Geld wechseln“. Zwei Sätze, ein typisches „Teekesselchen“. Die Lösung, der Begriff „Bank“, hat zwei Bedeutungen: Sitzmöbel und Geldinstitut. Übrigens führte Erich Kästner sie in einem seiner Gedichte über einen Kleinsparer Kleinsparer, -/Kleinsparerin, -nen eine Person, die nur geringe Geldbeträge auf einem Sparbuch o.Ä. zurücklegt zusammen: „Auf einer kleinen Bank vor einer großen Bank“.
Ein geselliges Spiel
„Teekesselchen“ ist in Deutschland ein beliebtes Gesellschaftsspiel. Das Ziel des Spiels ist, ein Wort, das sich hinter dem Platzhalter Platzhalter, - (m.) hier sprachwissenschaftlich: ein Wort, das für ein anderes steht „Teekesselchen“ versteckt, zu umschreiben. Und die Mitspieler müssen es erraten. Aber woher kommt eigentlich die Bezeichnung „Teekesselchen“?
Erstmals verzeichnet ist das Spiel im englischen Sprachraum; dort heißt es „teapot“. Eine Theorie besagt, dass „Teekessel“ vom teutonischen teutonisch deutsch Wort „Thi gil sal“ – „die geselligen Wörter“ – stammt.
Ableitungen
Aber klingt „Thi gil sal“ wirklich wie „Teekessel“? Zu überzeugen vermag diese Herleitung ebenso wenig wie eine andere. Danach soll die Verniedlichungsform „chen“ ein Hinweis darauf gewesen sein, dass man sich früher über die Leute lustig machte, wenn sie das Spiel spielten statt etwas anderes, Sinnvolleres zu tun.
Dabei ist das Teekesselspiel durchaus sinnvoll: Man lernt ökonomisch, denn eine einzige Vokabel liefert (mindestens) zwei Einsatzmöglichkeiten.
Ähnlichkeiten meiden!
Es gibt schöne Teekesselchen, merkwürdige und auch langweilige. Das Homonym „Karte“ ist eher öde öde hier: langweilig . Zwar gibt es die „Spielkarte“, die „Landkarte“ und sogar die „Postkarte“, aber alle sind aus Papier und flach. Kurz gesagt: Sie ähneln einander.
Oder der „Löffel“. Er kann Teil des Essbestecks oder ein Hasenohr sein. Nur: Das Hasenohr ähnelt einem Esslöffel und ist daher nach diesem benannt. Beim „Pickel“ und seinenn Bedeutungen – Hautunreinheit und Spitzhacke Spitzhacke, -n (f.) ein Handwerkzeug mit einer Spitze, die im rechten Winkel am Stiel befestigt ist – allerdings kann man sich nur schwer vorstellen, dass eine Bedeutung der anderen Pate gestanden bei etwas Pate stehen hier: als Vorbild dienen hat.
Brechende Krebse
Am besten sind also die „Teekesselchen“, deren Bedeutungen weit auseinander liegen und die keinen Zusammenhang haben. Ein schönes Beispiel dafür ist das Teekesselchen „Kapelle“, das zum einen einer Musikgruppe und zum anderen einer kleinen Kirche entspricht.
Ebenso „Tau“ – entweder eine Feuchtigkeitserscheinung oder ein Seil. Oder „Krebs“ – auf der einen Seite ein Tier und auf der anderen Seite eine Krankheit. Unter den Verben ist „brechen“ ein gutes Beispiel. Es hat zwei Bedeutungen, die sehr verschieden sind: sich übergeben oder etwas (ab)brechen.
Essbare Stadtbewohner
Streng genommen eignen sich eigentlich nur Hauptwörter als Teekesselchen. Verben, Eigennamen oder Begriffe aus der Fremdsprache sind bei vielen verpönt.
„Henkel“: für den Waschpulver-Hersteller und als Teil der Tasse; oder „Hamburger“ – als Bewohner Hamburgs und als Fastfood – sind demnach umstritten. Auch „Frankfurter“ – als Einwohner Frankfurts und Würstchensorte – sind nur zweite Wahl zweite Wahl sein nicht besonders gut sein . Zumindest für diejenigen, die es ganz genau nehmen.
Variationen
Regional begrenzte Varianten des „Teekesselchens“ gibt es auch. So sind die „Schellen“ im Hochdeutschen Klingeln und Schlauchbefestigungen. In der süddeutschen Variante kommen sogar noch die Ohrfeige (Maulschelle) und eine Spielkartenfarbe (Schellen) als zusätzliche Bedeutung hinzu.
Neue Kessel
So wie die Sprache sich entwickelt, entwickeln sich auch die Teekesselchen. Bis vor wenigen Jahren hatte „brennen“ immer mit Feuer zu tun. Vor nicht allzu langer Zeit ist zu dieser Bedeutung auch das Kopieren von Musik oder Daten auf CDs gekommen.
Übrigens: Die noch ungebrannte CD heißt „Rohling“. Und schon wieder haben wir ein Teekesselchen gefunden, denn der „Rohling“ bezeichnet auch einen sehr groben, unfreundlichen Menschen. Das nächste Beispiel „Single“ ist zwar ein Fremdwort, aber trotzdem ein schönes Teekesselchen. Und ein Besonderes: Vor 60 Jahren gab es das Wort noch gar nicht, und somit auch keine der beiden Bedeutungen – die alleinstehende Person und die kleine Schallplatte.
Erkaltende Kessel
Das Beispiel „Single“ zeigt allerdings auch, dass Teekesselchen im Laufe der Zeit den Wort-Tod sterben können. Wegen neuerer Technologien wird die kleine Schallplatte nämlich nur noch auf den Plattentellern ganz weniger Liebhaber erklingen.
Und was ist mit der beliebten Frucht, der Birne? Auch ihre weiteren Bedeutungen scheinen auszusterben. Die Glühbirne, der elektrische Leuchtkörper, hat wohl bald ausgedient. Ebenso ist „Birne“ als Spitzname für Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Muss die „Birne“ also bald in den sauren Apfel beißen in den sauren Apfel beißen etwas Unangenehmes auf sich nehmen , nur noch Ex-Teekesselchen zu sein? Nein. Denn man nennt auch den Kopf gerne „Birne“. Glück gehabt!
Scherz-Kessel
Auch mehrere „Teekesselchen“-Lösungen sind möglich. Ein Beispiel: „Mein Teekesselchen bezeichnet eine Menge Leute und etwas zu essen“. Richtig wären hier „Traube“ sowie „Auflauf“.
Und was ist das: „Die erste Fußballmannschaft: Jesus stand im Tor und seine Jünger standen abseits“? Sowohl „Tor“ als auch „abseits“ sind als Teekesselchen geeignet. Hier aber dienen sie dem Wortwitz, der auch gerne mit Homonymen spielt.
Schuppen und Schluss
Aber verzichten wir darauf, zu tief in Details zu gehen. Stattdessen geben wir Ihnen ein „Teekesselchen“ auf. Was könnten wohl „Krone“, „Schuppen“ und „Stollen“ bedeuten? Na, wissen Sie es? Ein kleiner Hinweis: Beim ersten Wort gibt es fünf Lösungsmöglichkeiten, bei den beiden anderen drei. Wir helfen Ihnen gerne, wenn Sie nicht weiter wissen!
Das Teekesselchen
Kleinsparer, -/Kleinsparerin, -nen — eine Person, die nur geringe Geldbeträge auf einem Sparbuch o.Ä. zurücklegt
Platzhalter, - (m.) — hier sprachwissenschaftlich: ein Wort, das für ein anderes steht
teutonisch — deutsch
öde — hier: langweilig
Spitzhacke, -n (f.) — ein Handwerkzeug mit einer Spitze, die im rechten Winkel am Stiel befestigt ist
bei etwas Pate stehen — hier: als Vorbild dienen
zweite Wahl sein — nicht besonders gut sein
in den sauren Apfel beißen — etwas Unangenehmes auf sich nehmen