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Das Leben der (oder mit den) Anderen

14. September 2007

Studium in Amerika. Adaptionsschwierigkeiten hatte ich dabei nicht erwartet. Trotzdem gab es kulturelle Überraschungen - auf beiden Seiten.

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Bild: DW

Frisch in die USA gekommen, wurde mir von einer amerikanischen Bekannten ein Zimmer in ihrer Wohngemeinschaft angeboten. Diese Offerte nahm ich dankbar und ohne jegliches Zögern an. "How are you, darling?“, wurde ich gleich von meinen neuen, mir bis dato unbekannten Mitbewohnerinnen, begrüßt. Diese Floskel ist im Übrigen unabdingbar in den USA, wahlweise auch abänderbar durch "honey“ oder "baby“. Aber so eng sind wir nun auch wieder nicht. Muss man sich gleich Ddarling“, "sweetie“ oder "babe“ nennen? Willkommen in Amerika.

Versuch des gemeinschaftlichen Kochens

USA - das Land der Gegensätze. Vor allem wenn es um Essgewohnheiten geht. In dem Land, in dem Fettleibigkeit als Volkskrankheit vorherrscht, nehmen Diätwahn und der Konsum von fettfreiem Essen rasant zu. Die Idee, selbst zu kochen und die Zutaten auf diese Weise sorgfältig zu kontrollieren, ist vielen jedoch fremd. "Wie, du willst tatsächlich selber ein Salatdressing machen?“, fragte mich meine Mitbewohnerin erstaunt im Supermarkt. Und ich fühlte mich für kurze Zeit wie die kreativste Köchin der Welt.

Ein Blick auf die Gemüsepreise half mir dann aber, die ökonomische Ineffizienz des Kochens in Washington zu begreifen. Ein "Take-out“ geht schneller und ist oftmals billiger. Und man kann nebenbei auf der Couch endlose amerikanische Talkshows ansehen.

Autogeschichten

Meine Mitbewohnerinnen haben es aber auch nicht leicht mit mir. Sie kommen manchmal ganz schön ins Schwitzen, weil ich die Klimaanlage nicht gewohnt bin und sie abstelle. Trotzdem: man trägt es mit Fassung. Meine penetranten schlauen Kommentare können bestimmt auch nerven. Und der Hang zum schnellen Autofahren. Zwei Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung sind das Resultat eines Wochenendausflugs mit dem Auto, das mir meine Mitbewohnerin ausgeliehen hatte. Sie trug es mit Fassung. Ich hingegen hätte mein Auto vermutlich gar nicht erst so großzügig verliehen.

So beginne ich, die Gelassenheit und die positive Lebenseinstellung meiner amerikanischen Mitbewohnerinnen zu schätzen. Und es mag manchmal oberflächlich erscheinen - aber freundliche Floskeln wirken sich durchaus positiv auf unser Zusammenleben aus. Natürlich treffen alle diese Beobachtungen nur auf die erwähnten Mitbewohnerinnen zu. Jegliche Ähnlichkeit mit sonstigen Amerikanern ist rein zufällig und ungewollt.