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Das Ende der spanischen Fußball-Dominanz

Calle Kops (dpa)19. Juni 2014

Mit dem peinlichen Vorrunden-Aus hatte in Spanien niemand gerechnet. Nun steht der entthronte Titelverteidiger vor dem Neuaufbau - und das wohl ohne Trainer Vicente del Bosque.

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Der spanische Nationaltrainer Vicente del Bosque steht verzweifelt am Spielfeldrand (Foto: EPA/JUANJO MARTIN)
Bild: picture-alliance/dpa

Auch am Tag nach dem Ende der glorreichen Fußball-Weltherrschaft stand ganz Spanien unter Schock. Die Presse rechnete mit dem entthronten Titelverteidiger schonungslos ab, Trainer Vicente del Bosque deutete nach dem WM-Vorrunden-Aus bereits Konsequenzen an. In den Katakomben des legendären Maracana in Rio de Janeiro versuchten seine Stars, Andres Iniesta, Xavi, Xabi Alonso, Sergio Ramos und Iker Casillas, sichtlich fassungslos Gründe für das 0:2 gegen Chile und das kollektive WM-Versagen zu finden. Es war der Abschied von der glamourösen Tiki-Taka-Ära, eine Zäsur ist unausweichlich.

"Es ist ein trauriger Tag für uns", erklärte del Bosque nach der Demütigung. "Wir müssen überlegen, was das Beste für den spanischen Fußball ist. Es ist Zeit, über die Zukunft nachzudenken. Das gilt auch für mich." Die Spanier, in den vergangenen sechs Jahren immerhin Weltmeister (2010) und zweimal Europameister (2008, 2012) wurden von den Chilenen vorgeführt. "Den Spielern des spanischen Teams zitterten sogar die Schnürsenkel", kommentierte "El País" süffisant. Das Sportblatt "Marca" schrieb: "Zerschmettert! - Vom Himmel in die Hölle. Es war schön, aber im Leben ist alles irgendwann vorbei."

Spanien macht es Italien gleich

Nach Italien vor vier Jahren in Südafrika scheiterte damit der nächste - insgesamt fünfte - WM-Champion schon in der Vorrunde. So tief gefallen wie die goldene spanische Generation waren aber selbst Italien (1950 und 2010), Brasilien (1966) und Frankreich (2002) bei ihrem vorzeitigen K.o. nicht. "Ich hätte nie gedacht, dass wir die WM nach der ersten Runde verlassen würden", sagte der 63-jährige del Bosque.

Frustrierte spanische Fans stehen im Stadion (Foto: LLUIS GENE/AFP/Getty Images)
Das Ende ihrer glorreichen Generation kam für die Spanier völlig unerwartetBild: Lluis Gene/AFP/Getty Images

"Wir waren auf dem höchsten Punkt, jetzt sind wir auf dem tiefsten", fasste Iniesta, gegen Chile blass bis zur Unkenntlichkeit, das nie für möglich gehaltene Aus noch vor dem letzten Gruppenspiel gegen die ebenfalls bereits gescheiterten Australier zusammen. "Wir waren nicht in der Lage, hungrig zu bleiben und unsere Überzeugung aufrechtzuerhalten, den nächsten WM-Titel zu holen", gab Xabi Alonso zu. "Unsere Einstellung war nicht dieselbe wie bei den anderen Turnieren."

Weiterkommen nicht verdient

"Die Realität ist wie sie ist: Dieses Team hatte es nicht verdient, die nächste Runde zu erreichen", gestand Kapitän Casillas. Der 33-Jährige wird beim nun anstehenden Neuaufbau eben sowenig dabei sein wie viele andere prominente Gesichter. "Die Rüge muss allumfassend sein, beginnend mit mir", sagte Casillas. Auch Spieler wie Fernando Torres und die schon gegen Chile ausgebooteten Gerard Pique und Xavi dürften in Zukunft keine Rolle mehr spielen. Selbst Stars wie Iniesta, Sergio Busquets oder Alonso sind nicht mehr gesetzt. Die neue Generation um Bayerns Thiago, Koke von Atlético und ManUnited-Keeper David de Gea steht bereit.

Del Bosque, seit 2008 für die rot-gelben Ballkünstler verantwortlich, wird den Neuanfang aller Voraussicht nach nicht mehr anleiten, auch wenn sein Vertrag noch bis 2016 läuft. "Solche Ergebnisse haben immer Konsequenzen. Aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Wir müssen uns ein bisschen Zeit nehmen und analysieren, wie es weitergeht. Das gilt auch für meine Person", sagte del Bosque, ehe er mit gesenktem Haupt den Pressesaal verließ.