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Cyberbunker-Chef steht vor Gericht

19. Oktober 2020

"Kugelsicheres Hosting" hatte der Mann seinen Kunden versprochen. Die stammten aus den dunklen Ecken des Internets und trieben dort illegale Geschäfte.

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Der ehemalige Bundeswehrbunker war mit großem Aufwand gesichert (Foto: Thomas Frey/dpa/picture-alliance)
Der ehemalige Bundeswehrbunker war mit großem Aufwand gesichert (Archivbild)Bild: Thomas Frey/dpa/picture-alliance

Wirbelstürme, Erdbeben, Flugzeugabstürze und sogar Bomben könnten seinen Servern nichts anhaben - so hatte der Anbieter geworben. Dafür hatte er einen früheren Bundeswehr-Bunker wie eine Festung ausgebaut. Nun stehen der Hauptverdächtige und sieben weitere Angeklagte im rheinland-pfälzischen Trier vor Gericht. Kriminelle aus aller Welt sollen das Rechenzentrum genutzt haben, um in den finsteren Ecken des Internets illegale Geschäfte abzuwickeln.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Bande Beihilfe zu mehr als 249.000 Straftaten vor. Ein Schwerpunkt ist Drogenhandel über Marktplätze im sogenannten Darknet. Aber auch Hersteller gefälschter Ausweise oder Falschgeldproduzenten sollen über die Server ihren Vertrieb gesteuert haben. Die acht Männer - vier Niederländer, drei Deutsche und ein Bulgare - hätten ihren Kunden in dem Rechenzentrum gegen Entgelt Schutz vor staatlichen Zugriffen gewährt, so die Anklage.

Sturm mit Spezialkräften

Vor gut einem Jahr hatte die Polizei mit einem Aufgebot an Spezialkräften die schwer gesicherte Anlage in Traben-Trarbach an der Mosel gestürmt. Der mutmaßliche Kopf der kriminellen Vereinigung hatte den Bunker Ende 2013 über eine von ihm gegründete Stiftung erworben. Gegenüber den Ermittlern gab der 60-Jährige an, nichts von den Inhalten auf seinen Servern gewusst zu haben. Zu den Kunden sollen große illegale Plattformen gehört haben, darunter etwa "Wall Street Market", die nach Erkenntnissen der Fahnder mindestens 36 Millionen Euro Umsatz mit Betäubungsmitteln machte. Der großangelegte Angriff auf Router der Telekom im November 2016 soll gleichfalls über Server im Cyberbunker gesteuert worden sein. Daher lautet die Anklage auch auf Beihilfe zu versuchter Computersabotage.

Ein Justizbeamter befreit den Hauptangeklagten in Trier von dessen Handschellen (Foto: Harald Tittel/dpa/picture-alliance)
Ein Justizbeamter befreit den Hauptangeklagten in Trier von dessen HandschellenBild: Harald Tittel/dpa/picture-alliance

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ist dies der erste Prozess gegen die Betreiber eines "Bulletproof-Hosts", also eines "kugelsicheren" Serverdienstes. Es habe schon viele Verfahren gegen Inhaber von Darknetshops, gegen Drogen- und Waffenverkäufer im Darknet gegeben. "Aber gegen die Leute, die diese Geschäfte überhaupt erst möglich machen, weil sie denen einen Host bieten - gegen die hat es bisher kein Verfahren gegeben", sagte Oberstaatsanwalt Jörg Angerer von der Landeszentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz.

Datenstrom abgeschöpft

Die zentrale Frage in dem Mammutprozess, den das Landgericht Trier bis Ende 2021 terminiert hat, wird demnach sein: Kann man den Angeklagten nachweisen, dass sie über die illegalen Machenschaften ihrer Kunden informiert waren und diese dabei unterstützten? Jener "doppelte Vorsatz" sei beim Nachweis der Beihilfe zu Straftaten zentral, sagte Angerer.

Im vorliegenden Fall gelang das nach seiner Einschätzung durch die Überwachung des Netzknotens in dem Rechenzentrum, dessen Datenstrom die Ermittler abschöpften. Nun kommt es darauf an, ob die so gewonnenen Beweismittel vor den Augen der Richter Bestand haben. Denn der Betrieb eines Rechenzentrums, das illegale Internetseiten hostet, ist für sich allein noch nicht strafbar.

jj/sti (dpa, afp)