Albinismus in der Corona-Pandemie
13. Juni 2021Auch viele afrikanische Länder haben in Zeiten von Corona einen Lockdown verhängt. Für Menschen mit Albinismus war das teilweise lebensgefährlich und ist es nach wie vor. Ein Gendefekt führt bei ihnen durch einen Mangel an Melanin zu einer extrem hellen Haut und den sehr helle Augen, die teils eine rötliche Färbung annehmen.
Aufgrund ihres Äußeren fallen sie in Afrika besonders stark auf. Alleine schon ihr ungewöhnliches Aussehen und die Mythen, die sich um sie ranken, machen sie angreifbar und schüren Hass. Hinzu kommt oft nicht nur die Angst vor Anfeindungen und Angriffen, sondern oft auch vor Mord und Totschlag.
Denn in einigen Teilen des afrikanischen Kontinents ist noch immer der Aberglaube und der Mythos verbreitet, Menschen mit Albinismus seien Hexen oder verflucht, und aus ihren Knochen ließen sich Heilmittel gewinnen. Um an ihre Körperteile zu kommen wird in einigen Regionen Afrikas regelrecht Jagd auf sie gemacht, sie werden verstümmelt oder ermordet.
Albinismus in Zeiten von Corona
In der Corona-Pandemie leben viele Menschen mit Albinismus in Angst und Schrecken, mehr als ohnehin schon. Stigmatisierung und Diskriminierung nehmen zu. Jobs waren auch vor Corona schon knapp, aber Menschen mit Albinismus trifft es in jeder Krise immer besonders schnell und hart, so auch jetzt: keine Arbeit, kein Geld, und hinzu kommt das Risiko, sich mit Corona zu infizieren.
Wegen ihrer hellen Haut ist eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit Albinismus Hautkrebs, der umgehend behandelt werden muss. Während der Pandemie aber waren viele Kliniken mit Covid-Patienten gefüllt oder nur zum Teil geöffnet.
Auch der Zugang zu Sonnencreme war sehr eingeschränkt. Was banal klingt, ist für Menschen mit Albinismus allerdings überlebenswichtig, denn ihre Haut ist besonders anfällig für Karzinome.
Sündenböcke gesucht und gefunden
Auf dem Schwarzmarkt können allein für Körperteile von Menschen mit Albinismus etliche hundert Euros erzielt werden. Für einen ganzen Menschen – egal ob tot oder lebendig - werden bis zu 65.000 Euro erzielt. Die Menschen werden wie Tiere gejagt, getötet und zerlegt.
Aus ihren Körperteilen werden Zaubertränke zubereitet, die Wohlstand oder Glück bringen oder auch Unheil abhalten sollen. Diese Ritualmorde bzw. Verstümmelungen werden aus mehreren afrikanischen Ländern berichtet.
In einem UN-Bericht heißt es: "Bereits während früherer Epidemien hat der Glaube ans Übernatürliche zugenommen. In Afrika war dies zuletzt während der Ausbrüche von HIV/Aids und Ebola der Fall." Laut der Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, hat sich die Zahl der Angriffe beispielsweise in Malawi 2020 verdreifacht.
Dabei hatten sich viele afrikanische Staaten zuletzt 2019 in einem 'Aktionsplan' dazu verpflichtet, diese furchtbaren Angriffe auf Menschen mit Albinismus bis zum Jahr 2021 zu stoppen. Aber Corona hat die Lage jetzt wieder verschärft, die Angriffe auf Menschen mit Albinismus gehen weiter.
Ein Mangel an Melanin
Um uns vor UV- und Sonnenstrahlung zu schützen, benötigen wir Melanin. Gebildet werden diese rötlichen, braunen oder auch schwarzen Pigmente in den sogenannten Melanozyten der Haut, in der Netzhaut und in der Iris des Auges. Der Anteil an Melanin bestimmt, ob wir dunkelhäutig sind oder weiße Haut haben.
Bei Menschen mit Albinismus ist die Biosynthese dieses dunklen Pigments durch einen Gendefekt gestört. So kommt es zu den typischen Merkmalen: weiße Haare, weiße Haut, helle Augenfarbe und entsprechend hohe Lichtempfindlichkeit. Ihnen fehlt der natürliche Schutz, sie haben ein erhöhtes Risiko einen Sonnenbrand zu bekommen und an Hautkrebs zu erkranken.
In Europa ist etwa einer von 17.000 Menschen betroffen, in Afrika ist es einer von 5.000. Die meisten von ihnen leben in Tansania. Dort liegt die Häufigkeit bei 1:1400.
"Stärke über alle Schwierigkeiten"
Die Vereinten Nationen haben denInternationalen Tag der Aufklärung über Albinismusins Leben gerufen, der zum ersten Mal am 13. Juni 2014 stattfand. Dieser Tag soll dabei helfen, über Menschen mit Albinismus und ihre Erkrankung zu informieren und den Vorurteilen und gefährlichen Mythen endlich ein Ende zu bereiten. Aktionen sollen Klarheit darüber bringen, wie Albinismus entsteht, welche Auswirkungen die Erkrankung hat und was es für Menschen bedeutet, damit zu leben.
Die Vereinten Nationen haben dazu aufgerufen, alle Formen von Stigmatisierung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Menschen mit Albinismus in jeglicher Form den Kampf anzusagen, sie nicht als Unglücksbringer anzuprangern oder gar für die Corona-Krise verantwortlich zu machen.
In diesem Jahr steht der Internationale Tag der Aufklärung über Albinismus unter dem Motto "Stärke über Schwierigkeiten". Gerade in Zeiten von Corona ist das keine einfache Aufgabe.