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Chen Guangcheng fürchtet um sein Leben

3. Mai 2012

Der Dissident Chen Guangcheng hat den USA schwere Vorwürfe gemacht. Sie hätten ihn getäuscht, als er die US-Botschaft in Peking verlassen habe. Jetzt will er ausreisen, weil er um sein Leben fürchtet.

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Der chinesische Dissident Chen (links) verlässt die US-Botschaft in Peking (Foto: AP)
Chen GuangchengBild: dapd

In einem Telefon-Interview des US-Fernsehsenders CNN bat der blinde Dissident US-Präsident Barack Obama, alles zu tun, damit er mit seiner Familie China verlassen könne. Chen hält sich derzeit in einem Pekinger Krankenhaus auf.

Chen warf den US-Diplomaten vor, sie hätten ihn gegen die Zusicherung der chinesischen Behörden, seine Sicherheit zu garantieren, zum Verlassen der Botschaft bewegt. Anschließend hätte sie ihn aber im Stich gelassen. Die Diplomaten hätten versichert, ihn in das Krankenhaus zu begleiten, wohin er nach dem Verlassen der US-Mission gebracht worden sei. Doch am Mittwochnachmittag, "kurz nachdem wir dort ankamen, waren sie alle weg", sagte er nach Angaben des Senders. Er sei darüber sehr enttäuscht und fühle sich belogen. Ausdrücklich forderte er Obama auf, mehr für die Menschenrechte in China zu tun.

Unklare Bedingungen für Verlassen der Botschaft

Zuvor hatten Washington und Peking beteuert, dass Chen die Botschaft "aus freien Stücken" verlassen habe. Der US-Botschafter in Peking, Gary Locke, betonte, dass auf Chen kein Druck ausgeübt worden sei. Der Bürgerrechtler habe zwei Mal mit seiner Frau telefoniert, bevor er die Botschaft verlassen habe, sagte der Diplomat. Chens Frau wartete im Krankenhaus.

Der Dissident kritisierte jedoch, er sei sich nicht im Klaren über die Lage gewesen. Nun habe ihm seine Frau Yuan Weijing über massive Drohungen der Sicherheitskräfte in der östlichen Provinz Shandong berichtet. Dort hatte Chen seit seiner Haftentlassung im Jahre 2010 bis zu seiner Flucht am 22. April gelebt.

Chen fühlt sich bedroht

Heftige Wogen schlug ein Bericht, wonach Chen Guangcheng gesagt haben soll, ein US-Beamter habe im eine massive chinesische Drohung mitgeteilt: Seine Frau werde zu Tode geprügelt, sollte er die Botschaft nicht verlassen. Das US-Außenministerium wies die Darstellung energisch zurück. Zu keiner Zeit habe ein US-Offizieller mit Chen über physische oder rechtliche Drohungen gegen seine Familie gesprochen. "Und zu keiner Zeit haben chinesische Offizielle Drohungen gegen uns erhoben oder über uns übermittelt", sagte Außenamtssprecher Mark Toner in Washington.

Chen fühlt sich bedroht

Clinton mahnt Wahrung der Menschenrechte an

Chinas Regierung hatte dem 40-Jährigen nach US-Angaben zugesichert, mit seiner Familie an einen sicheren Ort umsiedeln und ein Studium aufnehmen zu können. Peking erhob aber auch schwere Vorwürfe gegen die USA und forderte eine Entschuldigung, die Washington aber verwehrte.

Vor dem Hintergrund des Falls Chen begann in Peking eine zweitägige Runde strategischer und wirtschaftlicher Gespräche zwischen den USA und China. In einer Rede forderte Clinton die chinesische Regierung zur Wahrung der Menschenrechte auf. „Alle Regierungen müssen dem Wunsch ihrer Bürger nach Würde und Rechtsstaatlichkeit nachkommen, und keine Nation kann oder darf solche Rechte verweigern“, sagte sie.

"Angemessen mit Differenzen umgehen"

Chinas Präsident Hu Jintao forderte wiederum Respekt zwischen beiden Ländern und sagte, angesichts der verschiedenen nationalen Bedingungen könnten beide Seiten nicht in jeder Frage übereinstimmen. "Wir sollten angemessen mit unseren Differenzen umgehen“, sagte Hu. Auf den Fall Chens gingen weder Clinton noch Hu öffentlich ein.

Chen war vergangene Woche eine spektakuläre Flucht aus einem 20-monatigem Hausarrest in die US-Botschaft gelungen. Der Bürgerrechtler hatte vor allem mit Kritik an der rigiden Ein-Kind-Politik den Zorn Pekings auf sich gezogen, nachdem er zahlreiche erzwungene späte Abtreibungen und Sterilisierungen von Frauen in seiner Provinz Shandong aufgedeckt hatte. Die USA hatten sich wiederholt für seine Freilassung eingesetzt.

GD/gmf/SC (dpa, afp, dapd, rtr)