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Chinas Kauflust reicht bis Europa

14. Juli 2016

Zuhause in China lahmt das Wachstum, deshalb schauen sich Investoren aus Fernost verstärkt in Europa nach lohnenden Übernahmezielen um. Vor allem in Deutschland werden sie fündig.

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Deutschland KUKA Robotics
Bild: picture alliance/dpa/O. Berg

Chinesische Investoren sind derzeit zum Großeinkauf in Europa unterwegs. In der ersten Hälfte des Jahres haben sie bereits Pläne für Firmenübernahmen mit einem einem Rekord-Volumen von 72,4 Milliarden Dollar, also rund 65,2 Milliarden Euro, angekündigt. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Aufstellung der Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) hervor.

Mit 164 Transaktionen wurde damit schon zur Jahresmitte fast der Wert aus dem Vorjahr erreicht, als es zu 183 Übernahmen oder Beteiligungen kam, weitere Übernahmegeschäfte seien in Vorbereitung, heißt es.

Deutschland beliebtestes Ziel

Mit 37 Firmenübernahmen oder Beteiligungen war Deutschland das beliebteste Ziel der chinesischen Investoren vor Frankreich (23) und Großbritannien (20). Die Summe, die in deutsche Firmen investiert wurde oder laut Plan investiert werden soll, stieg sprunghaft auf 10,8 Milliarden Dollar (9,7 Milliarden Euro) nach nur 526 Millionen Dollar (474 Millionen Euro) im gesamten Vorjahr.

Fast die Hälfte davon, nämlich rund 4,7 Milliarden Dollar, entfällt auf die geplante Übernahme des Maschinenbauers Kuka durch den chinesischen Mischkonzern Midea. Der Deal ist in diesem Jahr der drittgrößte in Europa - nach der ebenfalls noch nicht abgeschlossenen 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme des schweizerischen Chemie-Unternehmens Syngenta durch Chemchina und dem 8,6 Milliarden Dollar schweren Kauf des finnischen Handyspiele-Entwicklers Supercell durch den chinesischen Internet-KonzernTencent.

Auf Platz vier in diesem Jahr liegt bislang der Verkauf der deutschen Entsorgungs- und Energiefirma EEW an Bejing Enterprises Holding. Die EY-Berater erwarten für die zweite Jahreshälfte weitere spektakuläre Übernahmen durch chinesische Investoren, die wegen des verlangsamten Wachstums auf ihrem Heimatmarkt eine Spezialisierung anstrebten und Gelegenheiten suchten.

Nicht nur Industriebeteiligungen gefragt

Sie träfen hier auf einen Markt, auf dem sich viele Investmentgesellschaften von ihren Beteiligungen trennen wollten. Das Interesse richte sich nicht nur auf Technologie- und Maschinenbau-Unternehmen, erklärte EY-Partner Alexander Kron. Auch Kliniken, Altenheime, Pharma- und Biotech-Unternehmen seien zuletzt in den Fokus geraten.

Eine Übernahme müsse nicht zum Nachteil der Beschäftigten verlaufen, erklärte die EY-China-Expertin Yi Sun. Tendenziell bauten die Chinesen parallel zu den hiesigen Kapazitäten weitere Werke in China auf. Bei Hochtechnologie-Unternehmen sei eine Standortverlagerung wegen des hochkomplexen Know-hows sogar häufig unmöglich. "Die Zeiten, in denen hier ein Stahlwerk abgebaut und in China wieder aufgebaut wurde, sind längst vorbei."

Hahn-Verkauf gescheitert

Unterdessen bleibt das Bundesland Rheinland-Pfalz vorerst auf dem verlustträchtigen Flughafen Frankfurt-Hahn sitzen. Der vor einem Monat beschlossene Verkauf des Ryanair -Standorts im Hunsrück an den chinesischen Konzern Shanghai Yiqian Trading (SYT) wurde in der vergangenen Woche endgültig gestoppt. Beim Besuch eines Staatssekretärs aus Mainz in Shanghai hatte sich herausgestellt, dass der angebliche Interessent den Verkauf in China noch nicht angemeldet hat.

Für den Flughafen-Anteil von 82,5 Prozent wollte die Regierung in Mainz 13 Millionen Euro von den Chinesen. Schnell tauchten Zweifel an SYT auf, da die Firma selbst in China unbekannt war. Nun will das Land den Verkauf mit zwei Interessenten, die seinerzeit von SYT ausgestochen worden waren, neu anstoßen. Die Firmen haben sich zu Gesprächen bereit erklärt, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD).

wen/bea (dpa, rtrd)