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Weniger Investitionen aus China

Zhang Danhong
12. Januar 2018

2016 haben Chinesen mehr Firmen in Europa übernommen als in den vier Jahren davor zusammen, die meisten davon in Deutschland. Der Trend setzte sich 2017 nicht fort. Das liegt nicht an der knappen Kasse der Chinesen.

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China Investitionen in Deutschland Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa

Wie viele deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr von Chinesen ganz oder zum Teil erworben sind, mag Sun Yi, zuständig für das China-Geschäft bei der Unternehmensberatungsgesellschaft EY (vormals Ernst&Young), noch nicht verraten. Sicher ist: "Die Rekordzahl von 2016 werden wir nicht so schnell übertreffen." Im vorletzten Jahr war Deutschland mit 68 Übernahmen das beliebteste Investitionsziel für chinesische Firmen in Europa. 2017 sei nicht nur die Zahl der Fusionen geringer, auch das Transaktionsvolumen viel kleiner, so Sun Yi weiter.

Yi Sun Ernst & Young
Leitet das China-Geschäft bei Ernst & Young: Sun YiBild: EY

Das hat vor allem einen Grund: "Im November 2016 hat die chinesische Regierung ein paar Auflagen verabschiedet, um den Kapitalfluss ins Ausland streng zu kontrollieren", sagt Sun Yi im Gespräch mit der DW. Unter anderem müssen sich chinesische Investoren einem Prüfverfahren unterziehen, bevor sie ihren Yuan in Euro oder Dollar umgetauscht bekommen. Damit eine unterzeichnete Transaktion auch wirklich stattfindet, verlangen die deutschen Verkäufer seitdem eine höhere Summe als Sicherheit. "Die muss auf ein Konto in Deutschland eingezahlt werden. Oder eine Bank gibt eine Garantie. Daran sind ein paar geplante Transaktionen leider gescheitert", sagt Sun Yi von EY.

Irritation auf deutscher Seite

Hürden kommen nicht nur von Regularien, auf der deutschen Seite keimt ein Unbehagen auf. "Wir sehen einen wachsenden Einfluss der Kommunistischen Partei auf die einzelnen Unternehmen, genau das Gegenteil von dem, was wir letztes Jahr in Davos gehört haben. Das ist das, was uns irritiert", sagt BDI-Präsident Dieter Kempf im Interview mit der DW. In Davos hatte Chinas Staatspräsident Xi Jinping noch den Vorkämpfer für den freien Welthandel gegeben.

Chinas KP macht indessen keinen Hehl daraus, traditionelle Industrieländer wie Deutschland vom Thron der Technologieführerschaft zu stoßen. Mit der Strategie "Made in China 2025" hat sie Schlüsselindustrien definiert, die es zu dominieren gilt. Dazu gehört auch Luft- und Raumfahrtindustrie. Vielleicht deswegen will das Bundeswirtschaftsministerium die geplante Übernahme des Flugzeugzulieferers Cotesa durch einen chinesischen Staatskonzern genauer unter die Lupe nehmen. "Seit der Einführung der Investitionsprüfung in Deutschland im Jahr 2004 wurde noch kein Erwerb untersagt", heißt es vom Ministerium. Doch letztes Jahr wurden die Regeln verschärft. "Seit dem Inkrafttreten der Gesetzesnovelle im Juli 2017 wurden rund 30 Erwerbsvorgänge geprüft. Dies entspricht etwa der Hälfte des Aufkommens im Gesamtjahr", schreibt das Ministerium auf Anfrage der Deutschen Welle.

Fall Kuka führte zur Gesetzesverschärfung

Oliver Emons Ökonom Hans-Böckler-Stiftung
Beobachtet chinesische Investitionen in Deutschland: Dr. Oliver EmonsBild: Hans-Böckler-Stiftung

Den Anstoß für eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes gab die Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Mischkonzern Midea 2016. Das war eine Art Weckruf für die deutsche Politik. "Kuka ist für die Industrie 4.0 ein ganz wesentlicher Akteur", meint Oliver Emons von der Hans-Böckler-Stiftung. Eine solche High-Tech-Firma in die chinesischen Hände zu geben tat weh. Auf der anderen Seite ist das eben die Spielregel der Marktwirtschaft. Kuka brauchte Kapital, Midea durstete nach Technologie. Beide haben sich gesucht und gefunden.

Außerdem haben sich chinesische Unternehmen in den letzten Jahren das Image der ehrlichen Investoren erarbeitet, die ein langfristiges Interesse an einem deutschen Unternehmen zeigen. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung beurteilt die chinesischen Investitionen von daher insgesamt positiv: "Wenn man sich die Investments anschaut, dann sehen wir,  dass immer noch ein Großteil der Unternehmen investiert, nach wie vor die Ausbildung schätzt und auch die Beschäftigten mitnimmt", sagt Ökonom und Autor der Studie Emons gegenüber der DW.

Chinas neue Seidenstraße

Image chinesischer Investoren angekratzt

Doch als die Studie geschrieben wurde, waren die ersten Fälle des Stellenabbaus noch nicht bekannt. So soll bei der ehemaligen Osram-Tochter Ledvance, die einem chinesischen Konsortium angehört, 1300 Stellen wegfallen. Diese Größenordnung sei überraschend, meint Emons. Auch Kuka will mit 250 Stellen ein Drittel der Arbeitsplätze im Anlagenbau in Augsburg streichen. Dabei hat Mutterkonzern Midea eine Jobgarantie abgegeben. Zwar beteuert Kuka-Chef Till Reuter, dass der Schritt nichts mit Midea-Zusammenarbeit zu tun hätte, "die Frage ist, hätte er das gemacht, wenn er nicht den chinesischen Investor im Haus gehabt hätte", meint Emons.

Er geht davon aus, dass solche Fälle dem Image der chinesischen Investoren schaden und der latenten Angst vor dem Ausverkauf deutscher Technologie an China neue Nahrung geben werden. China-Expertin Sun Yi hält diese Angst für unbegründet: "Erstens, Chinesen sind nicht die größten ausländischen Investoren hierzulande. Vor ihnen sind noch die Amerikaner, die Briten und die Schweizer. Zweitens, bis auf einige Ausnahmen haben chinesische Unternehmen die Gesellschaften gekauft, für die es in Deutschland oder in Europa keine großen Wachstumsmärkte mehr gibt."