China droht den USA mit neuer Retourkutsche
29. Mai 2019Ein hoher Regierungsbeamter sowie Staatsmedien machten deutlich, dass China die wichtigen Hightech-Metalle als Waffe im Handelskonflikt und im Kampf gegen das Vorgehen der USA gegen den Telekom-Riesen Huawei einsetzen könnte. "Sagt hinterher nicht, wir hätten euch nicht gewarnt", schrieb das Parteiorgan "Volkszeitung". "Werden Seltene Erden eine Gegenwaffe Chinas zu dem ohne jeden Grund aufgebauten Druck der USA? Die Antwort ist kein Geheimnis." Die USA wollten Geräte, die mit importierten Rohstoffen aus China hergestellt wurden, einsetzen, um die Entwicklung Chinas zu bremsen, hieß es in dem Kommentar. "Das chinesische Volk wird dies niemals zulassen."
Mit einem Handelskrieg riskierten die USA, ihre Versorgung mit Materialien zu verlieren, die "entscheidend für die Aufrechterhaltung ihrer technologischen Stärke" seien, erklärte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Die Staatszeitung "Global Times" warnte, China könne die für zahlreiche Hightech-Produkte notwendigen Metalle "als Waffe" benutzen. Ein Sprecher der mächtigen Entwicklungs- und Reformkommission sagte der Zeitung: "Ohne Kooperation kann keine Entwicklung und kein Fortschritt erreicht werden." Nach diesen Statements legten die Aktien von Produktionsfirmen von Seltenen Erden an den Handelsplätzen in Schanghai und Shenzen umgehend deutlich zu.
17 superwichtige Elemente
Als Seltene Erden werden 17 Elemente bezeichnet, die wertvolle Eigenschaften für die Produktion von Smartphones über Leuchtmittel bis hin zu Flachbildschirmen oder Kameras haben. Auch in Raketen oder Elektroautos kommen die Metalle zum Einsatz. China ist weltweit der wichtigste Lieferant von Seltenen Erden wie Neodym, Lanthan und Cer. Gut 95 Prozent der weltweiten Produktionsmenge entfallen auf China. Die USA sind bei Seltenen Erden zu rund 80 Prozent von Importen aus der Volksrepublik abhängig.
Anders als der Name vermuten lässt, sind die Seltenen Erden gar nicht so selten, doch ist ihr Abbau sehr aufwendig und umweltschädlich. Ein Lieferengpass hätte "fatale Wirkungen" für die Weltwirtschaft, warnte das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und sprach von Chinas "Rohstoff-Keule im Handelsstreit". Seit 2011 stehen Seltene Erden auf der Liste kritischer Rohstoffe für die EU. Der europäische Staatenverbund ist komplett auf Importe von außerhalb angewiesen. Eine Verknappung würde unter anderem die Preise steigen lassen.
Zwist um Huawei
US-Präsident Donald Trump hatte den Handelskrieg in den vergangenen Wochen noch verschärft, indem er die Sonderzölle auf China-Importe erhöhte und den chinesischen Telekom-Riesen Huawei auf eine Schwarze Liste setzte. Damit unterliegen dessen Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen. Trump begründet seine Schritte mit Sicherheitsbedenken gegen Technik aus China.
Der größte Netzwerkausrüster und zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt kritisierte das Vorgehen der USA als "gefährlichen Präzedenzfall". Er beantragte vor einem Gericht im US-Bundesstaat Texas eine Beschleunigung seiner vorliegenden Klage gegen die "illegalen" Beschränkungen seines USA-Geschäfts, wie Chefjurist Song Liuping am Firmensitz in Shenzhen in Südchina mitteilte. "Politiker in den USA benutzen die Stärke der ganzen Nation, um ein privates Unternehmen zu verfolgen", sagte Song. Die US-Regierung habe bislang "keine Beweise vorgelegt, dass Huawei eine Bedrohung der Sicherheit darstellt".
Gegenzölle aus Peking
Mit den neuen Sonderzöllen und dem US-Vorgehen gegen Huawei liegen die Handelsgespräche zwischen den beiden größten Volkswirtschaften auf Eis. An diesem Freitag treten um Mitternacht als Vergeltung für die amerikanischen Sonderzölle die bereits angekündigten Zusatzabgaben Chinas auf Importe aus den USA im Wert von 60 Milliarden Dollar in Kraft. Die Zölle steigen auf 10 bis 25 Prozent. Es ist eine Reaktion auf die Erhöhung von US-Zusatzzöllen auf 25 Prozent auf China-Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar Anfang Mai, was die Gespräche platzen ließ.
Indem Huawei auf der Schwarzen Liste steht, wird der Konzern langfristig von wichtigen Zulieferern wie Google, ARM, Intel oder Panasonic abgeschnitten. Bis Mitte August gilt noch eine dreimonatige Ausnahmeregelung. Damit soll vor allem die Versorgung ausgelieferter Smartphones sowie der Betrieb von Mobilfunk-Netzen mit Huawei-Technik in ländlichen Regionen in den USA sichergestellt werden.
Analysten geben zu bedenken, dass es auch in China die Sorge gibt, dass eine Verknappung die weltweite Suche nach Alternativen befeuern könnte. Das Blatt "Global Times" räumte diese Gefahr ein: Wenn sich die Volksrepublik für einen Exportbann bei Seltenen Erden entscheide, werde dies "komplexe Effekte" zur Folge haben - inklusive bestimmter Einbußen für China selbst. Gleichwohl wisse China genau, "dass die USA in dieser Situation die größeren Verluste erleiden werden".
kle/gri (afp, dpa, rtr)