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China attackiert London wegen flüchtiger Aktivisten

4. Juli 2023

Mit einem Kopfgeld erhöht die Volksrepublik den Druck auf Demokratieaktivisten aus Hongkong, die im Exil leben. Großbritannien, das einigen von ihnen Schutz bietet, zeigt sich empört.

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England | 3. Jahrestag Beginn Honkong-Proteste | Demonstration in London
Zum dritten Jahrestag des Beginns der Proteste in Hongkong demonstrieren Unterstützer am 12. Juni 2022 in der britischen Hauptstadt LondonBild: May James/Geisler-Fotopress/picture alliance

China hat Großbritannien in scharfen Worten vorgeworfen, Aktivisten aus Hongkong zu helfen, nach denen die Volksrepublik fahndet. "Britische Politiker haben Flüchtigen offen Schutz angeboten", erklärte ein Sprecher der chinesischen Botschaft in London. Das sei "eine grobe Einmischung in Hongkongs Rechtsstaat und Chinas innere Angelegenheiten", hieß es weiter. "China drückt großes Missfallen aus und lehnt dies entschieden ab."

Die Polizei in Hongkong hatte zuvor ein Kopfgeld für Informationen ausgesetzt, die zur Festnahme von acht prominenten Demokratieaktivisten im Ausland führen. Die Exilanten hätten "schwerwiegende Straftaten begangen, die die nationale Sicherheit gefährden", sagte Steven Li, Hauptkommissar der Abteilung für nationale Sicherheit der chinesischen Sonderverwaltungszone. Demnach soll jeweils eine Million Hongkong-Dollar (umgerechnet rund 117.000 Euro) erhalten, wer Hinweise liefert, die zur Ergreifung eines der Aktivisten führt.

Zu den Gesuchten zählen die ehemaligen pro-demokratischen Abgeordneten Nathan Law Kwun-chung, Ted Hui Chi-fung und Dennis Kwok Wing-hang, der Gewerkschafter Mung Siu-tat und weitere Angehörige der Demokratiebewegung. Einige von ihnen leben inzwischen in Großbritannien.

England | Kundgebung Hongkonger und Ukrainer in London | Nathan Law
"Aufstehen gegen China": Der geflohene Hongkonger Demokratieaktivist Nathan Law bei einer Kundgebung im Frühjahr 2022 in LondonBild: Hesther Ng/ZUMAPRESS/picture alliance

Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, mit ausländischen Kräften zusammengearbeitet zu haben, um die nationale Sicherheit zu gefährden - ein Vergehen, das in Hongkong mit lebenslanger Haft bestraft werden kann. Li erklärte, die Hongkonger Polizei könne die acht Menschen nicht festnehmen, solange sie im Ausland seien. Die Behörden würden aber "nicht aufhören, sie zu verfolgen".

Internationale Entrüstung

Ein Sprecher des US-Außenministeriums verurteilte das Kopfgeld. Chinas "grenzüberschreitende Repressionsbemühungen" schüfen einen "gefährlichen Präzedenzfall", der die Grundfreiheiten von Menschen in aller Welt gefährde. Australiens Außenministerin Penny Wong erklärte, ihre Regierung sei wegen der Kopfgelder "zutiefst enttäuscht".

James Cleverly | britischer Außenminister
"Immer das Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigen": Großbritanniens Außenminister James Cleverly (Archivbild)Bild: Henry Nicholls/Getty Images

Der britische Außenminister James Cleverly reagierte mit der Aussage, Großbritannien werde "keine Versuche Chinas dulden, Menschen im Vereinigten Königreich und in Übersee einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen". London werde "immer das Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigen".

Drakonisches Vorgehen gegen Oppositionelle

Die acht Aktivisten waren aus Hongkong geflohen, nachdem Peking Mitte 2020 nach anhaltenden pro-demokratischen Protesten das sogenannte Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone erlassen hatte. Es ermöglicht den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen Protestierende und schränkt bürgerliche Freiheitsrechte ein, womit China gegen vertragliche Regelungen verstößt, zu denen es sich bei der Rückgabe der einstigen Kronkolonie durch Großbritannien verpflichtet hatte: Unter dem Motto "Ein Land, zwei Systeme" sollte die Autonomie der Insel von 1997 an für ein halbes Jahrhundert weitgehend beibehalten werden.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs hatte China wegen der Aushöhlung der Rechte in der Sonderverwaltungszone scharf kritisiert. 2020 setzte London sein Auslieferungsabkommen mit Hongkong aus, um gegen die Einführung des umstrittenen Sicherheitsgesetzes durch China zu protestieren.

jj/sti (dpa, rtr)