CeBIT in der Wolke
1. März 2011Der Privatanwender, der seine Videos auf Youtube hochlädt oder bei Facebook seine Urlaubsbilder ablegt, nutzt im Prinzip seit Jahren die Wolke: Er weiß nicht, in welchem Rechenzentrum seine Daten liegen, und das interessiert ihn im Zweifel auch nicht. Was liegt da näher, als dieses Prinzip weiter zu spinnen und nicht nur seine Daten im Internet abzulegen, sondern auch Software und Rechenleistung aus dem Internet, aus der Wolke, also aus der Cloud zu beziehen? Man holt sich nur das, was man gerade braucht, und bezahlt auch nur dafür. Man kann also Kosten sparen. Und wenn Unternehmen das Wort "Kosten sparen" hören, werden sie wach.
Deshalb ist es für Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbands BITKOM, kein Wunder, dass Cloud-Computing jetzt langsam für die Wirtschaft zum Megathema wird. Cloud-Computing komme aus dem privaten Bereich und springe jetzt in den Geschäftskundenbereich über. "60 Prozent der Firmen sagen uns, es sei das Top-Thema in diesem Jahr. Damit liegt Cloud Computing weit an der Spitze. Also genau der richtige Zeitpunkt, dieses Thema hier auf der CeBIT zu zeigen." Bis 2015 wird der Umsatz mit Cloud-Lösungen von jetzt 3,5 auf 13 Milliarden Euro anwachsen, sagt der Branchenverband BITKOM voraus.
Große Sicherheitsbedenken
Allerdings könnte der Markt vielleicht noch schneller wachsen, wenn die Anbieter die Bedenkenträger beruhigen könnten, die es vor allem in Deutschland gibt: "Viele Menschen kennen die Angebote, die es gibt, überhaupt nicht", räumt Rohleder ein, "und es gibt andere, die haben Bedenken, was die Sicherheit ihrer Daten, was den Datenschutz angeht." Deshalb müsse seine Branche "Vertrauen stiften und zeigen, dass Daten in großen Rechenzentren sicherer sind als Zuhause auf dem eigenen PC", so Rohleder.
Denn die Festplatte auf dem eigenen PC kann kaputt gehen, externe Festplatten können verloren gehen oder gestohlen werden - "in den großen Rechenzentren sind solche Daten sicher und darüber hinaus unabhängig von Zeit und Ort abrufbar", sagt Rohleder. Trotzdem gibt es in speziell in Deutschland große Vorbehalte gegen diesen Technik-Trend, hat die Firma Microsoft in einer Umfrage herausgefunden. So weiß Hendrik Tesch von Microsoft Deutschland, dass 70 Prozent der Befragten Deutschland nicht gerade für ein innovationsfreundliches Land halten. Deutschland bringe zwar immer noch viele Innovationen hervor, sei immer noch einer der weltweiten Patent-Spitzenreiter, "aber in der Umsetzung, da haben wir echt unsere Schwierigkeiten." Über 70 Prozent glaubten, dass Innovationen bei den Menschen überhaupt nicht ankämen.
Chancenrepublik Deutschland
Deshalb hat die Firma Microsoft auf der CeBIT mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eine neue Initiative aus der Taufe gehoben, die sich "Chancenrepublik Deutschland" nennt. "Wir wollen zum einen die öffentliche Diskussion zum Thema Innovationen fördern", sagt Hendrik Tesch. Und wir wollen in den nächsten drei Jahren in 30 Pilotprojekten an praktischen Beispielen zeigen, wie IT dazu beiträgt, gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen."
Eines dieser Pilotprojekte zeigt Microsoft in der Halle 4: eine Kooperation mit der Daimler-Tochter Smart. Dort wurde eine Plattform geschaffen, auf der das Management der gesamten Flotte der Smart-Elektroautos in Deutschland aus der Wolke möglich ist. "Es gibt eine ständige Kommunikation zwischen dem Auto und einer Cloud-Lösung, die es dem Fahrer ermöglicht, alle Informationen abzurufen, die er benötigt, um mit diesem Auto sicher und zuverlässig zu fahren", sagt Hendrik Tesch.
Smart aus der Wolke
Eine praktische Idee: Das Elektroauto tauscht sich über das Internet mit dem Flottenmanagement aus, der Fahrer bekommt Informationen über den Ladezustand seiner Batterie und seine Reichweite, eine Landkarte auf dem Display zeigt ihm, wohin er noch fahren kann und wo die nächste Steckdose ist. Im Auto selbst muss man nicht mehr viel Elektronik vorhalten, das meiste kommt aus der Wolke, das spart im Zweifel auch Gewicht.
Aber wie das so ist mit der Innovationsfreundlichkeit in Deutschland: Ein Journalist will sofort wissen, ob man damit nicht auch Bewegungsprofile von den Fahrern erstellen kann? Ja, kann man vermutlich - wenn man Böses will.
Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme