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Hamburg wählt

23. Februar 2008

Am Sonntag wählt Hamburg ein neues Parlament. Doch im Wahlkampf ging es zuletzt eher darum, was im Rest der Republik Thema ist. Und das sind in letzter Zeit vor allem Steuersünder und die Linke.

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Wahlplakate Ole von Beust und Michael Naumann, Quelle: ap
Wahlkampf rot-schwarzBild: AP

Die meiste Zeit verlief der Wahlkampf in Hamburg eher gemächlich. Die Sozialdemokraten versuchten mit sozialen Themen zu punkten. Spitzenkandidat Michael Naumann versprach kostenlose Kindergartenplätze, mehr Lehrer, warme Schulmittagessen. Eine Wechselstimmung konnte er damit nicht auslösen, denn Hamburg steht zur Zeit so gut da wie lange nicht: Der Hafen boomt seit Jahren, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Stadt zieht neue Bürger an. Der amtierende Bürgermeister Ole von Beust (CDU) stellt das als sein Verdienst dar. Die drei kleinen Parteien haben sich in ihren Nischen stark gemacht: Die Linke greift die Verlierer des Booms ab. Die Grünen liegen in Umfragen unter ihren Möglichkeiten, und die liberale FDP setzt voll auf den Kampf gegen das Rauchverbot. Aufregung wollte da nicht wirklich aufkommen.

Luftaufnahme Hamburg, Quelle: Deutsches Jugenherbergswerk
Am Sonntag wählt die 1,8 Millionen-Einwohner-Stadt HamburgBild: Deutsches Jugendherbergswerk, Detmold

Doch dann standen Steuerfahnder bei dem inzwischen zurückgetretenen Postchef Klaus Zumwinkel vor der Tür. Er soll sein Geld an den deutschen Finanzämtern vorbei im Fürstentum Liechtenstein angelegt haben. Seitdem geht auch im Hamburger Wahlkampf plötzlich die Post ab - obwohl das Thema mit Hamburg eigentlich gar nichts zu tun hat.

Doch SPD und CDU befürchten, dass die Linke davon profitieren könnte. In einer Umfrage nach den Durchsuchungen bei Zumwinkel stieg sie in Hamburg auf den Spitzenwert von neun Prozent. "Das ist Wasser auf die Mühlen aller Protestparteien", sagt der Politikwissenschaftler Michael Greven von der Universität Hamburg. Ob sich das in zusätzlichen Prozentpunkten für die Linke bei der Wahl am Sonntag (24.02.2008) niederschlagen werde, sei schwer zu sagen.

Wahlkampffaktor Steuersünder

Quelle: AP
Will nicht mit der Linken koalieren: SPD-Kandidat Michael NaumannBild: AP

Der Fall Zumwinkel zeigt, wie notwendig die Linke in Deutschland sei, betont Parteichef Oskar Lafontaine. "Wir haben vorgeschlagen, die Managergehälter auf das Zwanzigfache des Arbeiterlohns zu reduzieren. Wir haben vorgeschlagen, den Spitzensteuersatz zu erhöhen." Auch die Sozialdemokraten machten die Steuerhinterziehung zum Wahlkampfthema. Diese Spitzenmanager, die Millionen an Steuern hinterziehen, seien die "neuen Asozialen", wettert Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der die SPD in Hamburg beim Wahlkampf-Endspurt unterstützte.

Nicht nur die Steuersünder, sondern auch die Linke selbst war ein Aufreger-Thema im Wahkkampf: Eigentlich ging es gar nicht so sehr um die Partei selbst, sondern darum, wie die anderen Parteien mit ihr umgehen. Nachdem die Linke bei Landtagswahlen in Hessen vor rund einem Monat ins Parlament eingezogen war, herrscht dort politische Verwirrung. Eine Koalition ist noch immer nicht in Sicht.

Arbeiter klebt Plakat von Kandidat Ole von Beust, Quelle: AP
Hat gute Chancen, Bürgermeister zu bleiben: Ole von Beust (CDU)Bild: AP

Keiner will mit der Linken koalieren, aber die SPD bräuchte sie dringend, um regieren zu können. SPD-Chef Kurt Beck erteilte am Donnerstag zwar einer "aktiven Zusammenarbeit" mit den hessischen Linken eine Absage, nicht aber der Wahl der SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti mit Linken-Hilfe oder anderen Kooperationsformen. Die SPD will damit und verhindern, dass Ministerpräsident Roland Koch im Amt bleibt.

Komplizierte Regierungsbildung

Spitzenkandidatin der Linken: Doro Heyenn, Quelle: AP
Hat einen Platz im Parlament so gut wie sicher: Linke-Spitzenkandidatin Dora HeyennBild: picture-alliance/dpa

Michael Naumann schloss für sich aus, mit Stimmen der Linken Regierungschef zu werden. Er setzt auf Rot-Grün. Von Beust schließt eine Koalition der CDU mit den Grünen nicht aus, würde am liebsten aber mit den Liberalen koalieren. Viele Stammwähler der Grünen sind jedoch entsetzt bei dem Gedanken an eine Koalition mit den Konservativen.

Schon seit Monaten lassen die Umfragen in Hamburg keine klare Mehrheiten vermuten, es reicht darin weder für eine Regierung aus CDU und FDP, noch für eine rot-grüne Regierung. Nach einer neuen Umfrage kommt die CDU auf 42 Prozent, die SPD auf 34 Prozent und die Grünen auf neun Prozent. Die liberale FDP kann hoffen, die verlangten fünf Prozent für den Einzug ins Parlament zu holen. Dann bekäme Hamburg wohl ein Fünf-Parteien-Parlament. Eine Regierungsbildung könnte dann ähnlich schwierig werden wie in Hessen. (sar)