Bundeswehr: Wie viel Haar geht klar?
Schulterlang - auch als Mann? Jein, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Ein Soldat hatte gegen die Frisur-Vorschriften der Bundeswehr geklagt. Seine Beschwerde wurde abgelehnt, aber die Bundeswehr soll ihre Regeln ändern.
Berufssoldat und Freizeit-Goth
Der Kläger gehört zur Gothic-Szene, verbringt seine Freizeit also gern so düster gestylt wie diese Festivalbesucher. Dazu gehört für den Unteroffizier langes Haar. Flecktarn im Dienst, abends in schwarz unterwegs: kein Problem. Die Haare müssen jedoch ab, findet die Bundeswehr.
Stramme Haltung, zarte Haut
Die Dienstvorschrift der Bundeswehr über "das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten" schreibt vor: "Das Haar ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden." Das gilt aber nur für Männer.
Schnippschnapp?
Frauen müssen ihre Haarpracht nicht vor der Grundausbildung abgeben. Wenn ihre Haare die Schulter berühren, sind sie "am Hinterkopf komplett gezopft auf dem Rücken oder gesteckt zu tragen." Diskriminierend? Nein, meint das Gericht: Das Gleichberichtigungsgebot schließe nicht aus, dass es unterschiedliche Regeln für Soldaten und Soldatinnen gibt.
Auf der Suche nach Frauen
Das Gericht folgt damit dem Verteidigungsministerium. Das hatte argumentiert, dass Frauen lange Haare "als besonderen Ausdruck ihrer Weiblichkeit empfinden". Es handele sich deshalb um eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr. Seit 2001 können Frauen in Deutschland auch den Dienst an der Waffe leisten. Der Frauenanteil ist seitdem auf 12 Prozent gestiegen.
Bald doch Bart und lange Haare?
Obwohl die Beschwerde des Gothik-Soldaten vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen wurde, können er und seine Kollegen zum Bart vielleicht bald auch lange Haare tragen. Denn die Richter befanden: Die Vorschriften der Bundeswehr greifen zu sehr in das private Erscheinungsbild ihrer Soldaten ein. Also sollen diese überarbeitet werden.
Haar ab zum Gefecht
Ein Erlass hatte bereits vor fast 50 Jahren Bundeswehrsoldaten das Tragen einer modischen Mähne gestattet. Ab 1971 waren Pilzkopf und Kotelletenpracht erlaubt. Dem langhaarigen Treiben setzte der damalige Verteidigungsminister Helmut Schmidt schon ein Jahr später ein Ende.
Im Netz der Bürokratie
Während ihres kurzen Langhaar-Frühlings Anfang der 1970er Jahre wurde die Bundeswehr im Ausland als "German Hair Force" verspottet. Dabei hatte man mit dem "Haarnetz-Erlass" alles im Griff. Wen langes Haar bei der Pflichterfüllung behinderte, der musste eine Haube überstreifen. Die Bundeswehr orderte 740.000 dieser Netze.
Die haben Bärte, die fahren mit
Die Gesichtshaut? Am besten zart wie ein Babypopo - vom Gefreiten bis zum General. Wenn Bart, dann gut gepflegt, sagt die Bundeswehr. Und bitte im Urlaub wachsen lassen. Die zentrale Dienstvorschrift A-2630/1 regelt übrigens auch das Tragen von Tattoos, Piercings und anderem Körperschmuck. Ohrläppchen-Tunnel sind demnach zulässig, müssen jedoch hautfarben abgeklebt werden.
Für Kaiser und Vaterland?
Für ihn hat der Dienstherr vermutlich eine Ausnahme gemacht: Stabsfeldwebel Hans-Peter Jahn glänzte bei einer Bundeswehr-Gelöbnisfeier in Hannover 2005 mit Pracht-Backenbart. Jahn war schließlich nicht irgendwer, sondern Sieger der Bart-Olympiade, Disziplin: "Kaiserlicher Backenbart".
Gestrüpp im Gesicht
In diesem Fall okay: Zur Tarnung dürfen die Soldaten auch mal etwas ungepflegter aussehen. Hier zwei Scharfschützen, auf denen bei einer Übung im Allgäu das Gras sprießt.