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Ärger in Bukarest

23. Dezember 2010

Deutschland und Frankreich wollen den für März 2011 geplanten Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum stoppen. In einem Brief an die EU-Kommission heißt es, Berlin und Paris hielten den Beitritt für verfrüht.

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Ortsausgangsschild von Schengen (Foto: dpa)
Keine Aufnahme in den Schengen-Raum für Sofia und Bukarest?Bild: picture-alliance/ dpa

Der Brief der Innenminister Deutschlands und Frankreichs, Thomas de Maiziere und Brice Hortefeux, hat in Bukarest Unverständnis und Empörung hervorgerufen. Die heftigste Kritik kam von Staatspräsident Traian Basescu. Er räumte zwar ein, dass sein Land auf dem Gebiet der Justizreform Defizite habe. Die in dem Brief genannten Bedingungen seien aber nicht Bestandteil des Schengener Vertrags: "Der Brief der beiden Minister stellt eine Diskriminierung Rumäniens dar. Die Einführung neuer Bedingungen für den Beitritt zum Schengener Raum widerspricht europäischem Recht und schafft einen inakzeptablen Präzedenzfall, nicht nur für Rumänien, sondern für jeden anderen EU-Mitgliedsstaat." Alle technischen Kriterien für den im März 2011 angestrebten Beitritt zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum seien erfüllt, fügte Basescu hinzu.

Rumänien befürchtet nun, dass sich der Beitritt um zwei Jahre verzögern könnte. Das sagte Leonard Orban, europapolitischer Berater des rumänischen Präsidenten und früherer EU-Kommissar für Vielsprachigkeit. Zwischen dem Kooperations- und Kontrollmechanismus der EU im Bereich der rumänischen Justiz und dem Beitritt des Landes zum Schengen-Raum gebe es keine Verbindung. Das EU-Monitoring werde aus politischen Interessen "entfremdet", sagte Orban.

Waage mit einem Teufelchen in der linken und einem Engelchen in der rechten Waagschale (Foto: Fotolia)
Neue EU-Mitglieder in den Fängen von Korruption und KriminalitätBild: Fotolia/vician_petar

Kritik an rumänischem Justizwesen

Tatsächlich ist das EU-Monitoring der neuen Mitgliedsstaaten Bulgarien und Rumänien kein Bestandteil der Verträge für ihre Aufnahme in den Schengen-Raum. Allerdings war nach dem EU-Beitritt dieser Länder im Jahr 2007 schnell klar geworden, dass der Druck aus Brüssel in den Bereichen Justiz und Korruptionsbekämpfung kaum Wirkung gezeigt hatte. So wird in dem Brief der beiden Innenminister Thomas de Maiziere und Brice Hortefeux an die EU-Kommission "das Fehlen eines zufriedenstellenden rechtlichen und administrativen Umfelds im Bereich Sicherheit und Justiz, die auf verschiedenen Ebenen vorhandene Korruption sowie das Fortbestehen einer besorgniserregenden organisierten Kriminalität" in Bulgarien und Rumänien kritisiert.

Inzwischen erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin, Deutschland und Frankreich seien "grundsätzlich für den vollständigen Schengen-Beitritt" Bulgariens und Rumäniens. Aber die von der EU-Kommission in beiden Ländern festgestellten Mängel im Bereich der Justiz sowie bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität könnten im Falle eines Schengen-Beitritts "gravierende Konsequenzen für die innere Sicherheit der EU" haben. Dementsprechend könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich diese Defizite auf erreichte technische Voraussetzungen negativ auswirken könnten. Eine Entscheidung könne erst getroffen werden, wenn es "erkennbare und nachhaltige Fortschritte" gäbe.

Im Januar 2011 wollen EU-Experten über den Stand der Voraussetzungen für einen möglichen Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens berichten. Für den Beitritt eines Landes ist der einstimmige Beschluss des EU-Ministerrats notwendig.

Autoren: Horatiu Pepine / Robert Schwartz

Redaktion: Mirjana Dikic/Bernd Riegert