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Buch des Jahres

14. Oktober 2008

Uwe Tellkamps DDR-Epos "Der Turm" ist der "Roman des Jahres". Dem 39 Jahre alten Autor wurde in Frankfurt der Deutsche Buchpreis 2008 für die beste deutschsprachige Neuerscheinung des vergangenen Jahres zuerkannt.

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Der Gewinner freut sichBild: Suhrkamp

In seinem fast 1000 Seiten langen Epos entwirft Tellkamp ein monumentales Panorama der untergehenden DDR. Der gebürtige Dresdner schildert am Beispiel des Bildungsbürgertums seiner Heimatstadt die letzten sieben Jahre der zerfallenden Republik. "Den Lesern erschließen sich wie nie zuvor Aromen, Redeweisen und Mentalitäten der späten DDR", begründete die Jury ihre Auszeichnung.

"34,75 Prozent autobiographisch"

Tellkamp galt vor der Verleihung am Montag (13.10.2008) als heißer Favorit. In den Feuilletons wurde sein bei Suhrkamp erschienenes Buch in den vergangenen Wochen als meisterhafter Abgesang von Buddenbrookschen Qualitäten auf die DDR-Gesellschaft gefeiert. Der Roman, in dessen Mittelpunkt eine Medizinerfamilie steht, ist stark autobiografisch geprägt - zu "34,75 Prozent" wie Tellkamp am Montagabend scherzhaft sagte.

Deutschland Buchmesse Frankfurt Buchpreis an Julia Franck
Vorjahrespreisträgerin: Julia FranckBild: AP

Tellkamp wurde am 28. Oktober 1968 als Sohn eines Arztes und einer Krankenschwester in Dresden geboren. In der DDR leistete er seinen Wehrdienst in der NVA; wegen Befehlsverweigerung - er hatte Anfang Oktober 1989 den Befehl verweigert, gegen Demonstranten vorzugehen, unter denen er seinen jüngeren Bruder wusste - saß er zwei Wochen in Haft, außerdem wurde ihm wegen "politischer Diversantentätigkeit" mit dem Entzug des Medizinstudienplatzes gedroht.

Nach der Wende setzte er sein Medizinstudium in Leipzig, New York und Dresden fort. Lange Zeit arbeitete er gleichzeitig als Mediziner und Schriftsteller. 2004 gab er den Arztberuf zugunsten des Schreibens auf. Er lebt derzeit mit seiner Familie in Freiburg/Breisgau.

"Tagwerk tun"

Tellkamp, der sich aus Anhänglichkeit an seine Heimatstadt eine Dresdner Winzermütze nach der Preisverleihung aufgesetzt hatte, gab sich bescheiden: "Ich werde mich vom Preis nicht abhalten lassen, mein Tagwerk zu tun". Der Preisträger äußert zugleich die Hoffnung, dass die Bücher aller Finalisten in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Die Kritiker-Jury hatte in diesem Jahr aus 161 Einsendungen zuerst 20 Bücher nominiert. Im September wurde dann eine Shortlist von sechs Romanen aufgestellt. Fünf Autoren kamen aus Deutschland, Rolf Lappert ist Schweizer. In die Endausscheidung hatten es außer Tellkamp Ingo Schulze, Dietmar Dath, Iris Hanika, Sherko Fatah und Rolf Lappert geschafft.

Alle auf der Bühne

Der Preis, den eine jährlich wechselnde Jury am Vorabend der Frankfurter Buchmesse vergibt, ist mit 37.500 Euro dotiert. Der Sieger erhält 25.000 Euro, die fünf restlichen Finalisten jeweils 2500 Euro. In einer schönen Geste bat er seine Mitstreiter zum Gruppenbild aufs Podium, nachdem er zum Sieger erklärt worden war.

Der Deutsche Buchpreis hat sich innerhalb kurzer Zeit zur Auszeichnung mit der größten öffentlichen Aufmerksamkeit in Deutschland entwickelt. Der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergebene Preis wurde zum vierten Mal verliehen. Der Preis orientiert sich an ausländischen Vorbildern wie dem britischen Man Booker Prize und will der deutschen Literatur auch im Ausland mehr Geltung verschaffen. Im vergangenen Jahr hatte Julia Franck ("Die Mittagsfrau") den Preis erhalten. Der Bestseller ist inzwischen in zahlreiche andere Sprachen übersetzt worden. 2006 wurde Katharina Hacker ("Die Habenichtse") geehrt, 2005 hatte der österreichische Schriftsteller Arno Geiger ("Es geht uns gut") den Preis bekommen.

Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder sagte, dass der Preis eine literarische Öffentlichkeit in Deutschland schaffe und eine Diskussion provoziere. Zwangsläufig sei das Urteil der Jury immer "subjektiv", sagte er zu den Kritikern der Auszeichnung. (sams)