Bosniens abgesetzte Politiker dürfen wieder in die Politik
23. März 2006Christian Schwarz-Schilling möchte seine Aufgaben immer weiter verringern, damit die einheimischen Politiker mehr Verantwortung übernehmen müssen. Er will sich in Zukunft in seiner Tätigkeit nur auf zwei Gebiete beschränken: "Das sind Frieden und Stabilität in Bosnien und Herzegowina sowie die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal", sagte er in Sarajewo.
Aufhebung von Betätigungsverboten
Um Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in die EU und NATO zu helfen, hat Schwarz-Schilling nun eine richtungsweisende Maßnahme beschlossen. So werden zukünftig 161 Politiker und Beamte, die von früheren Hohen Repräsentanten abgesetzt wurden, die Möglichkeit bekommen, sich wieder am politischen und öffentlichen Leben zu beteiligen. Ihnen wurde früher vorgeworfen, den Friedensprozess blockiert und damit Kriegsverbrechern geholfen zu haben sowie Rückkehrer-Familien nicht erlaubt zu haben, wieder an ihr Vermögen zu gelangen. Außerdem sollen sie sich nicht an die Gesetze gehalten haben. Unter den abgesetzten Politikern sind zwei ehemalige Mitglieder des Staatspräsidiums, Dragan Covic und Mirko Sarovic, sowie der frühere Präsident der Republik Srpska, Nikola Poplasen, und der einstige Parlamentsvorsitzende in der kleineren bosnischen Entität, Dragan Kalinic.
Der Hohe Repräsentant sprach von zweierlei Maßnahmen, die sich auf frühere Politiker und Beamte auswirken werden: "Die erste Maßnahme ist individuell. Das heißt, alle, die abgesetzt worden sind, können sich jetzt an den Hohen Repräsentanten wenden und eine Aufhebung der gegen sie gerichteten Maßnahmen verlangen. Die anderen Maßnahmen haben kollektiven Charakter, so dass alle Betätigungsverbote für diese Personen in Institutionen, Firmen, staatlichen Unternehmen und Schulen nicht mehr gelten."
Schritt zur Selbständigkeit
Einige der ehemaligen bosnischen Politiker haben bereits angekündigt, in das politische und öffentliche Leben des Landes zurückkehren zu wollen. Die von Schwarz-Schilling angekündigten Maßnahmen werden am 3.April in Kraft treten. Für Bosnien Herzegowina ist diese Entscheidung ein wichtiger Schritt in die Selbständigkeit.
Das Land wird in Zukunft selber entscheiden müssen, welche Politiker ihre Ämter nicht mehr ausüben dürfen und wie sie bestraft werden müssen, wenn sie ihr Amt missbrauchen.
Zoran Pirolic, Sarajewo
DW-RADIO/Bosnisch, 20.3.2006, Fokus Ost-Südost