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Bombenentschärfen - geht das auch sicherer?

20. April 2018

Auch Jahrzehnte nach dem Krieg liegen in deutschen Städten noch unzählige Blindgänger. Jahr für Jahr graben Bauarbeiter große Bomben aus. Deshalb entwickeln Forscher neue Konzepte, um das Entschärfen sicherer zu machen.

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Screenshot Website bmbf.de Innovative Technik zur Entschärfung
Bild: CADFEM International GmbH

Von der heutigen Entschärfung einer 500 Kilogramm schweren Fliegerbombe in Berlin waren mehr als 10.000 Menschen in einem Radius von 800 Metern betroffen. Damit war es eine mittelgroße Bombenentschärfung - und für die Kampfmittelräumdienste damit eigentlich nichts Ungewöhnliches. 

Es vergeht nämlich kein Jahr in Deutschland, in dem nicht in irgendeiner Großstadt ganze Stadtteile evakuiert werden müssen, weil auf Baustellen große Fliegerbomben gefunden werden. Eine der größten Evakuierungen der Nachkriegszeit fand 2011 in Koblenz statt. Dort tauchte bei Niedrigwasser eine 1,8 Tonnen schwere Luftmine im Rhein auf. In einem Radius von 1,8 Kilometern mussten 45.000 Menschen ihre Häuser verlassen.

Nicht immer geht es gut

Dass das Entschärfen durchaus gefährlich ist, zeigte sich etwa 2012 in München. Dort mussten die Experten eine 250 kg schwere Fliegerbombe kontrolliert sprengen. Sie war mit einem unberechenbaren chemischen Zünder ausgestattet, der sich nicht mehr entfernen ließ. Bei der Explosion fingen Geschäfts- und Wohnhäusern der Umgebung Feuer; es entstand ein Millionenschaden.

Je länger der Krieg zurück liegt, desto stärker korrodieren die Körper und Zünder der Bomben. So wird es immer schwieriger, die Zünder sicher herauszuschrauben oder zu entschärfen. 

Bombensprengung in Viersen
Nach der kontrollierten Sprengung einer Bombe 2012 in Viersen sind zahlreiche Gebäude unbewohnbar. Bild: picture-alliance/dpa

Wissen wie der Druck sich ausbreitet
Um Entschärfungen und kontrollierte Sprengungen sicherer zu machen, denken sich Wissenschaftler allerhand aus. In dem Projekt "Verfahren zur Analyse von Detonationseinwirkungen in Urbanen Gebieten" (DETORBA), das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe koordiniert wurde, geht es etwa darum, per Computersimulation zu errechnen, wie groß der Evakuierungsbereich in einer Stadt sein muss. Forscher der Technischen Universität München haben ein einsetzbares System bereits gemeinsam mit den Analyse-Software Herstellern CADFEM und VirtualcitySystems entwickelt. 

Dreidimensionales Stadtmodell

Dabei stellt VirtualcitySystems dreidimensionale Computermodelle deutscher Städte zur Verfügung, in denen alle Gebäude vermessen und aufgezeichnet sind. Indem CADFEM hat seine Analyse-Software darüber legt, können Informatiker errechnen, wie stark eine Druckwelle auf die einzelnen Gebäude wirkt - auch mehrere Straßenzüge weiter. "Die Druckwellenausbreitung im urbanen Raum können wir mit unserem System sehr gut vorhersagen", sagt CADFEM-Entwickler Stefan Trometer. So lässt sich besser abschätzen, welche Bereiche der Stadt auf jeden Fall evakuiert werden müssen. 

Um auch die Wirkung von Bomben- und Granatsplittern besser einschätzen zu können, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zusätzlich ein Nachfolgeprojekt Namens SIRIUS.

Dabei ist es möglich Abschattungseffekte großer Gebäude miteinzuberechnen. Während nämlich die Druckwelle einer Bombe auch an großen Gebäuden vorbeikommt und Menschen dahinter gefährdet, bleiben Bombensplitter unter Umständen im Betonskelett des Hauses hängen. Mit Hilfe dieser Software könnten Kampfmittelräumdienste in Zukunft Evakuierungsbereiche kleiner fassen als bisher. 

Eine Sollbruchstelle in die Bombe lasern 

Forscher vom Laser Zentrum Hannover (LZH) arbeiten an der "sicheren Deflagration von Blindgängern durch Lasertechnologie" (DEFLAG). Dabei geht es darum, mit Lasern Sollbruchstellen oder Kerben in aufgefundene Blindgänger zu schneiden, bei denen sich die Zünder nicht mehr mechanisch entfernen lassen. 

Der Vorteil einer solchen Sollbruchstelle: Ist der Metallkörper der Bombe durch die angebrachten Kerben bereits geschwächt, zerbricht er, bevor der Sprengstoff in der Bombe seinen vollen Druck entfaltet. 

Es kommt dadurch eher zu einer Verpuffung als zu einer Explosion. Die Druckwelle ist nicht so stark und auch die Trümmerteile fliegen nicht so weit.  

Überhitzung der Bombe vermeiden

Noch ist das System nicht einsatzbereit. Bis April 2019 werdendie Forscher des LZH auf jeden Fall noch daran arbeiten. Ihre größte Herausforderung besteht darin, beim Lasern der Bombenhülle sicherzustellen, dass diese sich nicht über 240 Grad Celsius erhitzt, denn dann würde das TNT in der Bombe explodieren. 

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen