Bomben per Post
30. Dezember 2003Erneut hat eine Einrichtung der Europäischen Union nach Angaben italienischer Justizkreise eine Briefbombe erhalten. Bei Eurojust, einer Einrichtung zur grenzüberschreitenden Verbrechensbekämpfung in Den Haag, sei die Sendung am Dienstag (30.12.) eingegangen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen der italienischen Staatsanwaltschaft. Der Sprengsatz sei nicht explodiert.
Inzwischen hatte am Dienstag (30.12.) ein Sprecher der Frankfurter Polizei bestätigt: Ein Brief, der beim Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, am Montag (29.12.) ankam, enthielt einen Sprengsatz. Eine weitere Briefbombe gelangte ebenfalls am Montag in die Zentrale der europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag. Bereits am Samstag (27.12.) hatte der EU-Kommissionspräsident Romano Prodi eine Bombe per Post erhalten.
Verdächtige Vorrichtung
Verletzt wurde bislang niemand. Das verdächtige Schreiben an Trichet war in der Poststelle der EZB entdeckt worden. Angestellten waren an dem Brief Vorrichtungen aufgefallen, die nach Angaben der Polizei "den Verdacht einer Spreng- oder Brandvorrichtung begründeten". Sprengstoffsachverständige des Landeskriminalamtes hatten daraufhin das Schreiben untersucht.
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Frankfurt enthielt das Schreiben Drähte und einen brennbaren Stoff. "Wir wissen noch nicht, ob die Apparatur zündfähig war", sagte Behördensprecherin Doris Möller-Scheu. Auch gebe es bislang weder ein Bekennerschreiben noch Hinweise auf die Täter.
Die Polizei prüfe, ob es einen Zusammenhang mit dem Briefbomben-Anschlag auf EU-Kommissionspräsident Romano Prodi gebe oder ob es sich um einen Nachahmer handele, sagte Möller-Scheu weiter. Auch die Generalbundesanwaltschaft habe sich in die Ermittlungen eingeschaltet und prüfe, ob sie den Fall übernehme.
Der Brief war an Trichet adressiert und offenbar im italienischen Bologna aufgegeben worden wie auch die Sendung an Prodi.
Rechtzeitig entschärft
Auch bei Europol gab es keine Verletzten. Die Briefbombe wurde von Experten der Armee entschärft, berichtete eine Sprecherin der niederländischen Staatsanwaltschaft. Es bestehe wahrscheinlich ein Zusammenhang zu dem Anschlagsversuch auf Prodi.
Ein Päckchen, an die Frau adressiert
Romano Prodi (Foto) hatte am Samstag (27.12.) in seiner Wohnung in Bologna ein Paket geöffnet, dass an seine Frau adressiert war. Unmittelbar darauf war das darin enthaltene Buch mit einer Stichflamme explodiert, wie Prodi berichtete. Da er es aber rechtzeitig weggeschleudert habe, sei er unverletzt geblieben. Nur einige Möbelstücke und ein Teppich wurden beschädigt.
Das italienische Innenministerium machte eine Anarchisten-Gruppierung mit dem Namen Informeller Anarchistischer Bund (FAI) für den Anschlag verantwortlich, die sich bereits zur Explosion zweier Bomben in Müllcontainern nahe Prodis Wohnung am 21.12.2003 bekannt hatte. Auch damals war niemand verletzt worden. (iw)