Boeing-"Dreamliner" absolviert Jungfernflug
15. Dezember 2009Nach gut drei Stunden Flugzeit landete der "Dreamliner" wieder auf dem Flugfeld des Boeing-Fabrikgeländes in Everett nahe Seattle im US-Bundesstaat Washington. Auf ihrem Jungfernflug war die Maschine vom Typ 787 über dem Pazifik gekreist - begleitet von zwei Militärjets.
Die Modelle der 787-Familie sollen bis zu 330 Passagieren Platz bieten und bis zu 15.700 Kilometer weit fliegen können. Die Verwendung neuer leichterer Materialien macht den Dreamliner sehr sparsam: So soll die Maschine 20 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als heutige Flugzeuge vergleichbarer Größe. Vor allem aber soll der neue Wunderflieger Eines: Das angeschlagene amerikanische Luftfahrtunternehmen Boeing in eine bessere Zukunft führen. Doch die Geschichte des Dreamliners ist bisher eine unendliche Serie an Pleiten, Pech und Pannen. Insgesamt sechsmal wurde der Jungfernflug verschoben.
Puzzle passte lange nicht
Wodurch entstanden die Verzögerungen? Zum einen gab es Schwierigkeiten, weil das Flugzeug erstmals zu einem Großteil aus Kohlefaser-Materialien besteht. Zum anderen setzte Boeing so stark wie nie zuvor auf Zulieferer: Erstmals erfolgt der Großteil der Fertigung im Ausland. Große vollständige Rumpfsegmente kommen aus Italien und Japan.
Doch das Flugzeug-Mega-Puzzle passte anfangs nicht so zusammen, wie von den Boeing-Ingenieuren geplant. Zuletzt warfen notwendige Verstärkungen am Rumpf und die Entdeckung von Falten auf der Außenhaut das Projekt zurück. Ernüchterung machte sich bei dem amerikanischen Flugzeugbauer breit. Boeing sei "etwas zu schnell zu weit" vorgeprescht, hat Konzernchef James McNerney einmal gesagt. Einige an US-Lieferanten vergebene Arbeiten wurden von Boeing wieder in den Konzern zurückgeholt.
Boeing-Image angekratzt
Für Boeing ist der Erfolg des neuen Flugzeugs extrem wichtig. Die Verzögerungen in der Entwicklung kosteten den Konzern bereits Milliarden. Einige Fluggesellschaften verloren in der Zwischenzeit die Geduld und nutzten angesichts klammer Finanzlagen die Möglichkeit, Aufträge zu stornieren. Insgesamt liegen Boeing aber immer noch 840 Bestellungen für das Langstreckenflugzeug vor.
Der Start der neuen Langstreckenmaschine wurde auch in Europa aufmerksam beobachtet. Die 787 ist in gewisser Weise Boeings Antwort auf den A380 des europäischen Flugzeugbauers Airbus, dem größten Passagierflugzeug der Welt. Boeing hatte sich entschieden, nicht ein Konkurrenzmodell von ähnlichen Ausmaßen zu bauen, sondern setzt auf ein mittelgroßes Modell mit hoher Reichweite. Der Dreamliner ist somit ein direktes Konkurrenzmodell der Amerikaner für den A350, der ab 2013 in Dienst gestellt werden soll.
Nach dem erfolgreichen Erstflug steht dem neuen Langstreckenflieger aus den USA ein ausführliches Testprogramm bevor, bei dem sich der "Dreamliner" in verschiedenen Weltregionen beweisen muss. Wenn die Flugtests erfolgreich sind, soll die 787 ab dem vierten Quartal 2010 an die Kunden ausgeliefert werden.
Autoren: Marcus Bölz / Christian Walz
Redaktion: Rainer Esser