Blogs sind nach wie vor wichtig
3. April 2012Es gibt sie schon seit einer digitalen "Ewigkeit" - nämlich seit ungefähr 15 Jahren. Und eines ist noch immer nicht geklärt: ob es im Deutschen "das Blog" oder "der Blog" heißt.
Aber ansonsten? Die Zeiten, als sich Medienwissenschaftler die Köpfe zerbrachen, was nun Wesen und Wirkung des "Web-Logs" sein konnte, sind schon lange wieder vorbei. Bloggen ist so verbreitet, so normal und unspektakulär geworden, dass es kaum noch irgendwelche aktuellen Erhebungen über die Zahl, die Ausrichtung oder die "Bedeutung" von Blogs gibt.
Ein Blog einzurichten und loszuschreiben, war im Grunde immer schon völlig unkompliziert, auch für Computerlaien. Mittlerweile liefern praktisch alle Internetprovider oder Email-Anbieter ein quasi fertiges Paket schon mit - großartig installieren oder konfigurieren muss man da nichts mehr. Und wenn man einmal Geschmack an der Sache gefunden hat, lassen sich ein aufwändigeres Design, Multimedia oder Interaktionsmöglichkeiten problemlos nachrüsten. Aber eigentlich geht es ja um die Inhalte.
Blogs auf dem absteigenden Ast?
Nach wie vor reicht das Spektrum von ganz privaten Quasi-Tagebüchern bis hin zu ambitionierten Publikationen mit "professioneller" Anmutung und dem Anspruch, der klassischen, etablierten Presse Konkurrenz zu machen. Die uralte Frage in diesem Zusammenhang, ob Blogger die "besseren", "schnelleren" oder "unabhängigeren" Journalisten sind oder sein können, lässt sich auch nur mit einem klaren "das kommt völlig auf den Einzelfall an" beantworten.
Zumindest für Deutschland lässt sich konstatieren: Ernsthaft Geld verdienen kann man mit einem privaten Blog nicht. Und möglicherweise ist hierzulande das Medium Blog schon wieder auf dem absteigenden Ast - insgesamt gibt es nämlich deutlich weniger Verlinkung der Blogs untereinander, es gibt weniger Kommentareinträge der "User" auf den Seiten - auch wenn natürlich immer wieder bei kontroversen oder besonders "netzaffinen" Themen die Diskussionswogen so hoch schwappen wie eh und je.
Schnellschüsse bei Facebook, "Gehaltvolles" im Blog
Das Blog ist eben vielleicht mittlerweile ein etwas langsameres, aber gehaltvolleres Medium geworden - die Leute, die an Texten und Inhalten feilen und "es wirklich ernst meinen", sind dabei geblieben, die anderen in die Social Networks weitergezogen, vermutet Gabriel González Zorrilla, Projektleiter bei den "Best of Blogs" Awards der Deutschen Welle. Höchstwahrscheinlich gilt das nicht nur für Deutschland, sondern tendenziell für die ganze Welt. Denn kurze Statements werden nun einmal heutzutage auf Facebook oder Twitter gepostet.
Und dennoch - in Ländern, in denen es nicht ein paar hundert Zeitschriftentitel mit entsprechenden Online-Ablegern gibt, haben Blogs eine ganz zentrale Rolle bei der Informations- oder Wissensvermittlung. In dem für die BOBs-Awards nominierten Blog "Fasokan" zum Beispiel berichtet Boukary Konate, wie er seinen Mitbürgern im ländlichen Mali den Umgang mit dem Internet näherbringt. Viele Blogger präsentieren Konzepte für ganz spezifische Probleme in ihrer Umgebung – was wiederum bei Menschen in anderen Ländern, aber ähnlichen Lebensumständen für einen "Aha-Effekt" sorgen kann: Auch dieser Ideentransfer ist ein ganz erklärtes Ziel des in elf Sprachen ausgeschriebenen Wettbewerbs.
Mission Meinungsfreiheit
Die wichtigste und gleichzeitig heikelste Mission erfüllen Bloggerinnen und Blogger aber dort, wo keine freie Presse existiert und Zensur herrscht. Für eine regimekritische Website und deren Betreiber kann und soll die international beachtete Auszeichnung eine Art Schutzfunktion haben, sagt BOBs-Award-Projektleiter Gonzalez. Andererseits versuche man aber stets vor einer Nominierung herauszufinden, ob einem Blogger die erhöhte Aufmerksamkeit überhaupt recht ist – manch eine Seite nämlich kann ungestört publizieren, weil sie den Machthabern noch gar nicht aufgefallen ist.
Wie wichtig repressive Regime das Netz und die Blogs nehmen, das zeigt sich nicht nur in den besonders drastischen Fällen, bei denen Blogger verhaftet oder gar gefoltert wurden. Eine weit verbreitete Praxis sind "technische Gegenmaßnahmen" – da werden Internetverbindungen gestört, blockiert oder umgelenkt. Und mancher Zensurbehörde bereitet offenbar schon der Gedanke Bauchschmerzen, ein heimisches Blog könnte zu populär oder international bekannt werden – die Stimmabgabe für die BOBs-Awards über den chinesischen Mikrobloggerdienst "Sina Weibo" jedenfalls scheint momentan nicht mehr zu funktionieren.