1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Biometrie soll neue Ausweise ermöglichen

18. Oktober 2001

Orwell lässt grüßen: Biometrie als Wunderwaffe

https://p.dw.com/p/1GWK
Bild: AP

Der Flughafenmitarbeiter kommt nur nach einer Kontrolle seiner Augen-Iris in den Sicherheitsbereich des Flughafens, der Passagier muss beim Einchecken seinen Pass mit Fingerabdruck in ein Lesegerät stecken. "Sicherheitskonzepte, die vor kurzem in Deutschland noch als ferne Zukunftsmusik galten, sind jetzt auch bei uns umsetzbar," sagt Christian Lützow von der Hamburger Biometrie-Firma Dermalog.

"Im Vordergrund steht die Aufnahme des Fingerabdruckes in Personaldokumente," sagt Schily. Ein entsprechender Gesetzentwurf sei bereits in Vorbereitung. Weitere biometrische Daten im Ausweis - wie die in Buchstaben- und Zahlencodes umgesetzten individuellen Merkmale der Augen-Iris oder Messdaten des Gesichts - haben laut Schily zur Zeit keine Priorität.

Technisch machbar - aber auch erforderlich?

"Technisch möglich ist es schon jetzt," sagt Lützow. Bisher scheiterte es an der Angst der Bürger vor einem "Big-Brother"-Überwachungsstaat wie in George Orwells Roman "1984". Nach den Terroranschlägen in den USA hat es laut Lützow einen grundlegenden Wandel in der Diskussion gegeben: "Was vorher als Forderung politischer Selbstmord gewesen ist, gilt jetzt nicht nur als machbar, sondern sogar als erforderlich."

Die Ausweise mit den verschlüsselten Daten eines Fingerabdrucks seien ohne große Mehrkosten herzustellen, betont der Sicherheitsexperte. Die bereits im Kampf gegen den RAF-Terrorismus in den 80er Jahren in Deutschland eingeführten maschinenlesbaren Ausweise erlaubten "vernünftige Synergieeffekte". Für die zusätzliche Aufnahme des Fingerabdrucks müssten lediglich die Datenbanken umgerüstet werden. Erforderlich seien außerdem genug Lesegeräte, die bei einer Kontrolle die Ausweisdaten mit dem aktuellen Fingerabdruck des Besitzers verglichen.

Brillenträger und Diabetiker als Problemfälle

Erfahrungen mit solchen Ausweisen hat das Sultanat Brunei. Der südostasiatische Kleinstaat hat bereits 1999 Ausweise mit Fingerabdrücken eingeführt. "Bei biometrischen Daten wie der Sprach- oder Gesichtserkennung im Ausweis wird es schon schwieriger," erläutert Lützow. Die Spracherkennung sei wegen möglicher Nebengeräusche wie auf einem Flughafen bei der Überprüfung problematisch. Bei der Umsetzung von Iris-Daten könne es Schwierigkeiten geben, wenn der Ausweisinhaber an Diabetes erkrankt und sich seine Augen verändern. Bei Daten aus zahlreichen Gesichtsmesspunkten müsste bei der Aufnahme in einen Pass beachtet werden, dass schon die Anschaffung einer Brille Probleme bringen kann.

Wie die künftigen Dokumente aussehen werden, ist noch offen. Über eins ist sich Lützow aber sicher: "Die Bundesbürger werden sich schnell an die neuen Ausweise gewöhnen." Den alten grauen Papierbüchlein mit eingeheftetem Passbild aus längst vergangenen Zeiten trauere auch niemand mehr nach.