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Beyond Meat und Co: Ist der Hype schon wieder vorbei?

Kristie Pladson
24. November 2021

Nach zunächst ständig steigender Nachfrage nach veganen Produkten mussten die einstigen Börsenstars Beyond Meat und Oatly nun Federn lassen. Ist das Wachstum von Fleisch- und Milchalternativen vorbei?

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Fleischlose Produkte von Beyond Meat im Kühlschrank eines Supermarktes
Bild: picture-alliance/Photoshot/R.B. Levine

Weniger Fleisch, weniger Milchprodukte - da das gut für die Gesundheit und das Klima ist, haben in den letzten Jahren immer mehr Menschen Fleisch- und Milchersatzprodukte nachgefragt. So gab es bei Starbucks in den USA in den letzten Monaten nicht mehr genügend Hafermilch, um alle Kundenwünsche zu befriedigen.

Inzwischen sieht das Geschäft einiger Anbieter von Ersatzprodukten nicht mehr so rosig aus. Der US-amerikanische Hersteller Beyond Meat meldete in diesem Monat für das dritte Quartal einen unerwartet niedrigen Umsatz, woraufhin die Aktien des Unternehmens um 18 Prozent fielen. Oatly, der schwedische Hersteller von Milchalternativen auf Haferbasis, konnte noch im Mai dieses Jahres ein erfolgreiches Börsendebüt feiern und die Aktien stiegen schnell auf einen Kurs von 22 Dollar. Heute ist eine Beteiligung an Oatly für zwölf Dollar pro Aktie zu haben. Klingt der Hype um pflanzlichen Alternativen ab?

"In den letzten sechs Monaten hat sich das Wachstum bei den Produkten aus pflanzlichen Proteinen unerwartet schnell verlangsamt", sagte Michael H. McCain, Präsident und Chief Executive Officer von Maple Leaf Foods, einem kanadischen Lebensmittelhersteller, während einer Telefonkonferenz mit Marktanalysten im November.

Symbolbild | Hamburger | vegetarischer Burger
Sieht aus wie Burger, schmeckt auch (meist) wie Burger. Die Veggie-Variante, hier fotografiert im Stadion der LA DodgersBild: picture-alliance/dpa/ZUMAPRESS

Zweifel an guten Auswirkungen auf Klima und Gesundheit könnten Nachfrage bremsen

Für die veränderte Nachfrage nach seinen Produkten sieht Ethan Brown, Firmengründer von Beyond Meat, verschiedene Gründe. Zum einen seien die Verbraucher weniger bereit, neue Produkte zu probieren, meint er, zum anderen sei das Interesse an gesunden Lebensmitteln geringer.

Andere Experten glauben, dass die Käufer nicht von der Gesundheit der Fleischersatzprodukte überzeugt sind. "In Fleischersatzprodukten werden viele verschiedene Öle und komplizierte Zutaten verwendet", sagt Chris DuBois, vom Marktforschungsunternehmen IRI, gegenüber dem Branchendienst Food Business News. "Wenn man sich die Zutatenliste eines McDonald's-Fleischburgers ansieht, dann ist sie phänomenal einfach; sie liest sich viel einfacher als die traditioneller pflanzlicher Fleischalternativen."

Außerdem wählen viele Menschen pflanzliche Alternativen, um die hohen Treibhausgasemissionen, die mit tierischen Produkten verbunden sind, zu vermeiden. Ob allerdings pflanzliche Alternativen tatsächlich einen geringeren CO2-Fußabdruck haben, bezweifeln manche Experten. "Fleisch auf pflanzlicher Basis hat einen schönen Heiligenschein, wenn es um Nachhaltigkeit geht, aber ich habe noch keinen Kohlenstoff-Fußabdruck auf einer Verpackung gesehen", sagt DuBois.

Niederlande Vegane Produkte Fleischersatz Supermarkt
Die Auswahl an veganen Produkten wird immer größer, oft auch die Zutatenliste...Bild: Koen van Weel/ANP/picture-alliance

Coronavirus trifft auch Beyond Meat und Co

Wie andere Branchen leiden auch die Hersteller pflanzlicher Ersatzprodukte unter der Coronavirus-Pandemie. Wegen der steigenden Infektionszahlen würden die Menschen weniger in Geschäfte gehen und Veranstaltungen, auf denen neue Produkte vorgestellt werden sollten, würden abgesagt, beklagt Ethan Brown von Beyond Meat.

Analysten bleiben trotzdem optimistisch für die kommenden Jahre und erwarten ein starkes Wachstum des Marktes. Eine Studie von Boston Consulting prognostiziert, dass bis 2035 weltweit jede zehnte Portion Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Ei und Milch aus alternativen Proteinen hergestellt sein könnte. Nach einem Bericht von Bloomberg Intelligence vom August wird der weltweite Einzelhandelsumsatz mit pflanzlichen Lebensmittelalternativen 2020 bei umgerechnet knapp 30 Milliarden Euro liegen. Bis 2030 könnte ein Umsatz von 162 Milliarden US-Dollar erreicht werden. Das würde fast acht Prozent des weltweiten Proteinmarktes ausmachen, wobei das Wachstum vor allem von omnivoren Käufern angetrieben wird, die gelegentlich tierische Produkte durch pflanzliches Protein ersetzen wollen.

Infografik Entwicklung Umsatz mit Fleisch und vegane Alternative DE

Experten prognostizieren langsames, aber sicheres Wachstum

Mit der wachsenden Nachfrage und einer gesteigerten Produktion werden auch die Kosten sinken. Bislang sind pflanzliche Lebensmittelalternativen in der Regel immer noch deutlich teurer als entsprechende tierische Produkte. Geringer Kosten versprechen dagegen einen weiteren Nachfrageschub.

Das noch höhere Preisniveau ergibt sich, weil die meisten Unternehmen, die pflanzliche Lebensmittel herstellen, relativ jung sind und neue Lebensmitteltechnologien nutzen. Das treibt zum einen die Kosten, zum anderen kann nicht in ähnlichen Massen produziert werden wie in der etablierten Fleisch- und Milchindustrie. Hinzu kommt, dass es in der Pandemie besonders schwer ist, die Produktion auszuweiten. Viele Unternehmen leiden unter gestörten Lieferketten, die es schwierig machen an Rohstoffe zu kommen oder neue Produktionsanlagen aufzubauen.

Fleisch aus dem 3D-Drucker
Es wird an vielen Alternativen zum Fleisch getüfelt. Inzwischen gibt es sie sogar aus dem 3D Drucker.Bild: Reuters/A. Cohen

"Wir sehen uns die gesamte globale Lieferkette für pflanzliches Eiweiß an und prüfen, wie wir Größenvorteile erzielen können", sagte Rinka Banerjee, Gründerin von Thinking Forks, einer Beratungsgruppe für Lebensmittel und Ernährung mit Sitz in Indien, im August gegenüber CNBC. "Es wird wahrscheinlich 15 bis 20 Jahre dauern, bis wir da Erfolge erzielen".

Langfristig billigere und bessere Ersatzprodukte

Langfristig aber, werden pflanzliche Lebensmittel, beispielsweise aus Erbsenprotein, billiger werden als tierische Produkte, heißt es aus der Branche. "Rinder müssen gefüttert werden. Die Umwandlungsrate dieses Futters ist acht zu eins, also acht bis zehn Pfund Futter ergeben ein Pfund Rindfleisch", erklärt Carlos Barroso, Präsident von CJB and Associates, einem Forschungsunternehmen, das sich auf die Lebensmittel- und Getränkeindustrie konzentriert, gegenüber CNBC. "Bei Erbsen ist die Umwandlungsrate eins zu eins. Es gibt zwar einen kleinen Verlust, aber es ist nahe an eins zu eins."

Auch im Bereich Zusammensetzung und Inhaltsstoffe tut sich einiges. Erst letzte Woche hat der Schweizer Lebensmittel- und Getränkeriese Nestlé vier Millionen Dollar in die Unterstützung von Sundial Foods gesteckt, einem amerikanischen Unternehmen für pflanzliches Fleisch, das vegane Hähnchenflügel mit künstlicher "Haut" und "Knochen" herstellt. Das Produkt auf Kichererbsenbasis besteht aus nur acht Zutaten und hat einen vergleichbaren Proteingehalt wie das Fleischoriginal.

Die schwächelnden Zahlen bei Beyond Meat und Oatly sind nicht nur mit den Folgen der Pandemie und den nicht schnell genug erweiterten Produktionsstätten zu begründen, sondern auch schlicht an der steigenden Zahl an Wettbewerber, so Experten. Teilen sich mehr Unternehmen den Kuchen, wird das eigene Stück kleiner, wenn der Kuchen nicht deutlich wächst.