Bettgeschichte: Do legst di nieda
Ein Bett ist mehr als nur ein Schlafplatz. Es ist der Ort von Geburt und Tod, Liebe und Gewalt, Einsamkeit und Zweisamkeit. Eine Wiener Ausstellung schlägt den Bogen zwischen Kuscheln und Horror.
Im Bett mit…
Nicht erst mit den Promi-Selfies aus dem Schlafzimmer, die täglich getwittert werden, brechen Stars und Sternchen die Distanz zu ihren Fans auf und sorgen für intime Einblicke. Der deutsche Gegenwartskünstler Juergen Teller fotografierte für "Young Pink Kate" (1998) das in weiße Laken gehüllte Top-Model Kate Moss in London und versetzt damit den Betrachter in die Rolles des Voyeurs.
Zwischen Pop und Provokation
1994 fotografierte Bettina Rheims die Pop-Sängerin Madonna in Dessous auf einem aufgewühlten Bett sitzend; wohlkomponiert mit einem Blumenstillleben am Bildrand. Die roten Rosen können als Zeichen für Liebe und Leidenschaft gelesen werden, zugleich symbolisieren die zu Boden gefallenen Rosenblätter Vergänglichkeit. Im selben Jahr erschien – wohl nicht zufällig – Madonnas Album "Bedtime Stories".
Im Anfang war das Bett
Die Ausstellung präsentiert neben zeitgenössischer Kunst auch antike Fresken sowie mittelalterliche Malerei. Der Meister der Divisio Apostolorum – ein Maler aus der Steiermark, der nach seinem Kunstwerk benannt wurde, weil sein richtiger Name nicht überliefert ist – schuf Ende des 15. Jahrhunderts die "Geburt Mariens". Ein Bild, das zeigt, wo das Leben auf Erden häufig beginnt: im Bett.
Einsam und allein
Der Kurator des Wiener 21er Haus, Mario Codognato, hat die Exponate, darunter Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Videoarbeiten, nach Themen geordnet. Eines ist die Einsamkeit. Sie zeigt sich auf Pierre Bonnards Ölgemälde "Liegender Akt auf weißblau kariertem Grund" (um 1909).
Rückblick in vergangene Zeiten
Auch Johann Baptist Reiter setzt in seinem Ölgemälde "Schlummernde Frau" (1849) auf eine sinnliche Darstellung von Einsamkeit. Das Bett fasziniert Codognato, weil es ein Gegenstand sei, der seit Jahrtausenden in allen Kulturen anzutreffen ist und viel über die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklung der jeweiligen Epoche verrate.
Krankheit und Leiden
Dass das Bett nicht nur ein Ort für erotische Schäferstündchen ist oder der wohligen Entspannung dient, macht die österreichische Malerin Maria Lassnig deutlich, die im Jahr 2014 gestorben ist. In ihrem Ölgemälde "Krankenhaus" (2005) wird das Bett zu einem Ort des Leidens und der Verzweiflung. Gemalt hat sie es im Alter von 86 Jahren.
Kriegspropaganda mit Teddy
Der Star- und Hoffotograf der Royals, Cecil Beaton, war auch Kriegsfotograf an der Heimatfront. 1940 porträtierte er Eileen Dunne, eine Dreijährige, die bei deutschen Luftangriffen verletzt worden war und sich auf dem Krankenhausbett an ihren Teddy klammert. Das Bild reiht sich ein in die visuelle Propaganda des Zweiten Weltkriegs. Am 23. September 1940 erschien es auf dem "Life"-Cover.
Scharfer Menschenhobel
Flucht, Vertreibung und Gewalt sind die beherrschenden Themen im Werk der palästinensisch-britischen Künstlerin Mona Hatoum. Daher ist ihr "Bett" ("Dormiente", 2008) – eine Liege aus Stahl, die einer Käsereibe nachempfunden ist – alles andere als gemütlich.
Nie wieder aufwachen
Bedrückend sind die Bilder der amerikanischen Künstlerin Lucinda Devlin, die in den 1990er Jahren Hinrichtungszellen in US-Gefängnissen fotografiert hat. Die leeren hellen Räume und die Pritschen, auf denen die zum Tode Verurteilten per Giftspritze getötet werden, verstören den Betrachter.
Betten für die Füße
Die österreichische Künstlerin Birgit Jürgenssen beschäftigte sich in den 1970er Jahren eigentlich gar nicht mit Betten, sondern mit Schuhen. 1973 entwarf sie den Matratzenschuh aus Leder, Kork und Stoff. Dieses und viele weitere Exponate können noch bis zum 7. Juni 2015 in der Ausstellung "Schlaflos – Das Bett in Geschichte und Gegenwartskunst" im 21er Haus in Wien besichtigt werden.