Deutschland hält vorerst an Hilfen für Uganda fest
26. Februar 2014Wieder einmal stehen Ugandas Lesben und Schwule am Pranger. "Aufgedeckt - die Namen von Ugandas 200 Top-Homos", titelte die ugandische Boulevardzeitung "Red Pepper" am Dienstag (25.02.2014). Und löste damit eine neue Hexenjagd aus. In der Nacht zum Mittwoch sei ein schwules Paar brutal angegriffen worden, twitterte die ugandische Menschenrechtsaktivistin Jacqueline Kasha. Einer von beiden sei tot, der andere im Krankenhaus.
Die Situation ruft Erinnerungen wach: Vor drei Jahren hatten Unbekannte den Schwulenaktivisten David Kato brutal ermordet, nachdem eine Zeitung sein Bild auf das Titelblatt setzte. Überschrift: "Erhängt sie!" Vor seinem Tod hatte Kato gerichtlich durchgesetzt, dass Zeitungen Homosexuelle nicht diffamieren dürfen.
Die Schwulenhetze kommt nicht überraschend. Am Montag hatte Ugandas Präsident Yoweri Museveni ein Gesetz unterzeichnet, das Homosexualität und die Förderung von Homosexualität unter Strafe stellt - bis zu lebenslanger Haft. Menschenrechtler und Politiker hatten gewarnt, dies könne ugandische Homosexuelle akut gefährden. Entsprechend deutlich reagierten Politiker weltweit auf die Unterzeichnung. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, forderte Uganda auf, alle Menschen vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen. Er hoffe, das Gesetz könne bei der nächsten Gelegenheit revidiert oder zurückgenommen werden. Dänemark, Norwegen und die Niederlande gaben bekannt, ihre Entwicklungshilfen an die ugandische Regierung auszusetzen. Ähnliche Schritte erwägen Schweden und die USA.
Gesetz "völlig inakzeptabel"
Auch deutsche Politiker zeigten sich alarmiert. "Diese hohe Bestrafung ist völlig inakzeptabel", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, der Sozialdemokrat Christoph Strässer, der DW. "Sie verstößt gegen sämtliches internationales Recht und auch gegen internationale Verträge, die Uganda selbst unterzeichnet hat." Strässer forderte die ugandische Regierung auf, das Gesetz wieder abzuschaffen. Es sei ein schlechtes Signal für die Region. Dort ist Uganda nicht das einzige Land, das Homosexualität unter Strafe stellt. Auch in Kenia, Tansania und dem Südsudan sind gleichgeschlechtliche Beziehungen verboten. Im westafrikanischen Nigeria unterzeichnete Präsident Goodluck Jonathan erst im Januar ein neues Anti-Homosexuellen-Gesetz.
Die Forderungen nach Aufkündigung der Entwicklungszusammenarbeit sieht der Menschenrechtsbeauftragte aber kritisch. "Selbst Organisationen in Uganda warnen davor, weil diese Maßnahme nicht diejenigen trifft, die diese Politik zu verantworten haben." Ähnlich äußerte sich die CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Deutschen Bundestag. "Nachdem wir versucht haben, dieses Gesetz durch ein Einfrieren der Mittel für Uganda zu verhindern, müssen wir die Situation nun neu bewerten", schrieb Wöhrl in einer Stellungnahme an die DW. "Ein Stopp der gesamten Mittel würde wieder nur die ärmsten der Armen treffen."
Gezielte Projekthilfe
Im Januar 2013 hatte Deutschlands damaliger Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) die Budgethilfe für das ostafrikanische Land eingefroren. Als einen Grund hatte er die schwulen- und lesbenfeindliche Politik Ugandas genannt. Der damalige Entwurf des Gesetzes, das Präsident Museveni nun unterzeichnet hat, sah für bestimmte Fälle homosexuellen Verhaltens auch die Todesstrafe vor. Auf internationalen Druck hin reduzierten die Parlamentarier schließlich das Strafmaß auf lebenslänglich. Und Niebel fand einen Weg, die Sanktionen zu lockern: Die Budgethilfe wurde in projektbezogene Hilfen umgewandelt.
Den Verzicht auf eine direkte Budgethilfe hält die Grünen-Politikerin und Vize-Bundestagspräsidentin Claudia Roth für nicht ausreichend. Mit der Unterschrift des Präsidenten unter das Anti-Homosexuellen-Gesetz seien die Versuche der internationalen Gemeinschaft, der Homophobie im Land entgegen zu wirken, gescheitert. Die Bundesregierung solle auch die Entwicklungsgelder an den Staat aussetzen, die etwa zur Förderung guter Regierungsführung eingesetzt würden, erklärte Roth der DW in einer schriftlichen Stellungnahme. "Stattdessen sollte Deutschland gezielt und verstärkt die moderaten und weltoffenen Kräfte in der ugandischen Zivilgesellschaft fördern." Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hielt sich auf Anfrage der DW bedeckt. "Bei staatlichen Akteuren sprechen wir die Menschenrechtsverletzungen im entwicklungspolitischen Dialog an und dringen auf Beendigung", hieß es aus dem Ministerium. Deutsche Gelder umzuwidmen sei auch eine Möglichkeit. Kürzungen der Mittel bedürften hingegen einer sorgfältigen Prüfung.
Museveni ungerührt
Tief betroffen zeigte sich auch die Europäische Union (EU). "Hier geht es nicht nur um die Rechte von Homosexuellen, sondern auch um den Schutz aller Minderheiten vor Verfolgung und Diskriminierung", erklärte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton im DW-Interview. "Uganda hat sich in seiner Verfassung und international bindend zur Wahrung der Menschenrechte verpflichtet." Auf dieser Basis müsse das Gesetz genauestens geprüft werden. Die EU leistet bisher noch direkte Budgethilfe an Uganda. Die nächste Tranche dieser Zahlungen müsse gestoppt werden, sagte die Grüne Claudia Roth. Von der EU gab es dazu bisher keine Stellungnahme. Entscheidungen der EU-Kommission bedürfen aber grundsätzlich der Abstimmung mit den Mitgliedsländern.
Ugandas Präsident zeigte sich unterdessen unbeeindruckt von der internationalen Kritik. "Der Rest der Welt muss mit uns leben", sagte Museveni. "Wenn sie das nicht wollen, können sie uns mit ihrer Hilfe gestohlen bleiben." Uganda sei sehr reich und nicht auf Hilfszahlungen angewiesen.