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Politik

Kopelew-Preis für belarussische Aktivistinnen

16. Mai 2021

Die belarussischen Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo erhielten den diesjährigen Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte in Köln.

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Verleihung des Lew-Kopelew-Preises für Frieden und Menschenrechte 2020 und 2021
Ministerpräsident Laschet (mitte) hielt die diesjährige Laudatio bei der VerleihungBild: Kreissparkasse Köln

Die Belarussinnen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo sind am Sonntag in Köln mit dem diesjährigen Lew-Kopelew-Preis in Köln ausgezeichnet worden. Außerdem erfolgte auch die Vergabe der Auszeichnung von 2020, die wegen der Corona-Krise noch nicht stattfinden konnte. Diese geht an die russische Medienorganisation OVD-Info sowie an den russischen Historiker Jurij Dmitriev.

Die Rede bei der Online-Preisverleihung hielt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der als Laudator hervorhob, dass es für die Verwirklichung von Menschenrechten und Demokratie das tatkräftige Engagement von Bürgerinnen und Bürgern brauche. Die Trägerinnen und Träger der Lew-Kopelew-Preise dieses und des vergangenen Jahres hätten in dieser Hinsicht Beeindruckendes geleistet.

Die drei Preisträgerinnen bei einer Veranstaltung in 2020
Veronika Zepkalo (links), Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa bei einem Auftritt im Juli 2020 in MinskBild: picture-alliance/AP/S. Grits

"Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo haben mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut eine demokratische Bewegung ins Rollen gebracht, die ganz Belarus erfasst hat", sagte Laschet in einem vorab aufgezeichneten Beitrag. Via Internet appellierte Tichanowskaja an Europa, seine Rolle als Mediator wahrzunehmen und die Regierung in Belarus an den Verhandlungstisch zurückzuholen.

"Großer Mut für echte Demokratie"

Das Kopelew Forum selbst erklärte: "Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo setzen sich persönlich wie politisch gemeinsam mit großem Mut für echte Demokratie und gegen die offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus ein. Sie wurden zu Gesichtern der friedlich und gewaltfrei protestierenden Bevölkerung in Belarus." Obwohl der autokratisch regierende Präsident Alexander Lukaschenko die Proteste gegen die letzten Wahlen mit Brutalität niedergeschlagen habe, bleibe der Widerstand der Frauen "persönlich ungebrochen", hieß es des Weiteren.

Tichanowskaja und Zepkalo mussten vor der staatlichen Verfolgung ins Exil flüchten, Kolesnikowa, die eine Zeit lang als klassische Musikerin in Stuttgart gelehrt und gearbeitet hat, widersetzte sich einer Zwangsabschiebung und sitzt derzeit in einem Gefängnis. Tichanowskaja kämpft als ehemalige Präsidentschaftskandidatin mit den anderen Frauen von ihrem litauischen Exil aus für Demokratie sowie freie und faire Neuwahlen in ihrer Heimat. Ihr Mann sitzt Angaben nach in Belarus in Untersuchungshaft.
 

Tichanowskaja hofft auf deutsche Hilfe

Zwei Preise gehen nach Russland

Die russische Initiative OVD-Info engagiere sich seit zehn Jahren für die Aufklärung von willkürlichen Verhaftungen und unterstütze die Betroffenen und ihre Familien mit Auskünften und rechtlichem Beistand, hieß es über den einen der Preisträger von 2020. Die Initiative wurde von dem Journalisten Grigorij Ochotin und dem Programmierer Daniil Beilinson gegründet. Trotz staatlicher Behinderung sammelt die Organisation den Angaben zufolge zuverlässige Informationen über Protestaktionen und stellt sie im Internet zur Verfügung.

Der zweite Preisträger, Historiker und Forscher Jurij Dmitriev, kläre über Stalins Terror auf. "Seine Forschungen sind einflussreichen Kreisen des russischen Staatsapparates unbequem in einer Zeit, in der Stalin und sein Wirken, in einer Art historischer Renaissance als großer Führer, in der Öffentlichkeit zunehmend verharmlost werden."

Yuri Dmitriev Russischer Historiker
Der russische Historiker Jurij Dmitriev im Jahr 2017Bild: Y. Golovkin

Dmitriev hat zudem in der russischen Provinz Karelien Erschießungsstätten aus den späten 1930er Jahren, der Zeit von Stalins "großem Terror", ausfindig gemacht. Seit Jahrzehnten habe er in der russischen Provinz Karelien Spuren dieses Terrors und der staatlich organisierten Massenmorde mit mindestens 700.000 Toten allein in der zweiten Hälfte der 30er Jahre gefunden und die Namen der Ermordeten ermitteln können, darunter auch Russlanddeutsche.

Seit über vier Jahren ist Dmitriev in Haft, nachdem er unter dem Vorwurf der Kinderpornografie und Pädophilie sowie auf der Basis offenbar fingierter Vorwürfe verurteilt wurde.

Mit dem undotierten Lew-Kopelew-Preis zeichnet das gleichnamige Forum seit 2001 jährlich Menschen, Projekte oder Organisationen aus, die im Sinne des russischen Germanisten, Schriftstellers und Humanisten Lew Kopelew (1912-1997) tätig sind. Ziel des Lew Kopelew Forums ist es, den Austausch zwischen West- und Osteuropa zu fördern. Bisherige Preisträger sind unter anderen der türkische Journalist Can Dündar, die tschetschenische Menschenrechtlerin Sainap Gaschajewa, der Soziologe Lew Gudkow und Kapitän Peter Reisch von der Seenotrettungsinitiative "Mission Lifeline".

kle/sti/ss (kna, epd)