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Wieder frei

21. August 2008

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Aleksandr Kosulin ist vorzeitig frei gekommen. Der Westen zeigt sich zufrieden. Oppositionelle fürchten, dass die Staatsmacht vor dem Ausland lediglich ihr Image aufpolieren will.

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Aleksandr Kosulin verlangt Rehabilitierung

Der belarussische Oppositionspolitiker Aleksandr Kosulin ist am 15. August durch einen Erlass von Präsident Aleksandr Lukaschenko begnadigt worden. Der seit dem 25. März 2006 inhaftierte ehemalige Rektor der Belarussischen Staatlichen Universität in Minsk teilte mit, er betrachte seine Freilassung als Zeichen der Gerechtigkeit. Aus moralischer Überzeugung könne er jedoch eine Begnadigung nicht akzeptieren, weil er keine Straftat begangen habe. "Allein meine bedingungslose Freilassung und vollständige Rehabilitierung als Unschuldiger könnten als wirklich realer Schritt seitens des belarussischen Staates auf dem Weg einer Demokratisierung der Gesellschaft betrachtet werden", heißt es in Kosulins Pressemitteilung.

Vom Präsidentschaftskandidaten zum Häftling

Oppositionspolitiker Alexander Kosulin in Minsk verhaftet
Kosulins Festnahme im März 2006Bild: AP

Kosulin wurde verhaftet, nachdem er eine nicht genehmigte Demonstration gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl im März 2006 angeführt hatte. Er war einer von zwei Oppositionskandidaten bei der Wahl, die im Westen als undemokratisch kritisiert wurde. Nach offiziellen Angaben erhielt Kosulin bei der Wahl nur 2,2 Prozent der Stimmen. Der seit 1994 regierende Lukaschenko wurde zum Wahlsieger erklärt und trat daraufhin seine dritte Amtszeit an.

Im Sommer 2006 wurde Kosulin zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, wegen der Beihilfe zur Organisation von Massenaktionen zur Störung der öffentlichen Ordnung. Kurz darauf trat er in einen 53-tägigen Hungerstreik. Der Westen setzte sich immer wieder für Kosulins Freilassung ein. Auf Drängen von EU und USA erhielt er im vergangenen Februar Hafturlaub, um an der Beisetzung seiner an Krebs gestorbenen Frau teilnehmen zu können. Nun wurde er zum Begräbnis seines Schwiegervaters aus der Haft entlassen, muss aber nicht mehr ins Gefängnis zurückkehren.

Westen begrüßt Kosulins Freilassung

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hofft nun, dass es sich um eine "dauerhafte Entlassung" handelt. "Die Freilassung aller politischen Häftlinge ist Voraussetzung für eine schrittweise Wiederbelebung der Beziehungen zur Europäischen Union", erklärte er. Eine Zusammenarbeit mit Minsk könne nur auf Basis europäischer Werte von Demokratie und Rechtstaatlichkeit gelingen.

Die EU-Ratspräsidentschaft äußerte sich ebenfalls zufrieden über die Freilassung "des politischen Gefangenen Aleksandr Kosulin". "Diese Freilassung gehörte zu den Forderungen der Europäischen Union für eine schrittweise Wiederaufnahme des Dialogs mit Belarus", hieß es in einer Erklärung der Ratspräsidentschaft aus Paris.

Auch das US-Außenministerium begrüßte Kosulins Haftentlassung. "Wir hoffen auf andere positive Schritte der belarussischen Behörden, die die Möglichkeit zu einer bedeutenden Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Belarus eröffnen könnten", erklärte Ministeriumssprecher Sean McCormack in Washington.

Nur eine PR-Maßnahme der Staatsmacht?

Weißrussland Demonstration für Alexander Kozulin in Minsk
Oppositionelle halten Portraits der verstorbenen Irina Kosulina bei einer Protestaktion im Februar 2008Bild: AP

Belarussische Oppositionelle fürchten, dass die Freilassung Kosulins nur eine PR-Maßnahme der Staatsmacht zur Imageverbesserung ist. Aleksandr Dobrowolskij von der Belarussischen Vereinigten Bürgerpartei sagte: "Wir waren erleichtert, als wir von Kosulins Freilassung erfuhren. Das Problem der politischen Häftlinge ist das Haupthindernis für einen normalen Dialog der belarussischen Staatsmacht mit der EU, den USA, dem Europarat und der OSZE."

Andere Oppositionelle sehen einen Zusammenhang zwischen Kosulins Freilassung und den Ereignissen im Kaukasus. "Der Konflikt zwischen Georgien und Russland hat Lukaschenko etwas ernüchtert, die Tatsache, dass Russland im Gegensatz zu Georgien weltweit keine Unterstützung fand. Ich denke, er hat begriffen, dass man im Westen nach Verbündeten suchen muss", sagte der belarussische Menschenrechtler Oleg Woltscheka. Vergangene Woche wurde in Minsk bekannt, dass Lukaschenko das Außenministerium beauftragt hat, Schritte zur Verbesserung der Beziehungen zur EU und den USA zu unternehmen. (mo)