1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Euro-Krise die Stirn bieten

12. Januar 2011

Die EU-Kommission drängt die EU-Mitglieder zu einer abgestimmten Wirtschaftspolitik und zu tiefgreifenden Reformen. Kommissionspräsident Barroso hält zudem eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms für angebracht.

https://p.dw.com/p/QrC9
Riesiges Euro-Zeichen vor dem Hochhaus der Europäischen Zentralbank in Frankfurt (Foto: AP)
Der Kampf um den Euro geht in die nächste RundeBild: AP

Das neue Zauberwort bei EU-Offiziellen heißt "europäisches Semester". Es geht aber nicht um einen neuen Studiengang, sondern um die Bewältigung der Euro-Krise. Als eine ihrer Ursachen gelten die großen wirtschaftlichen Ungleichgewichte im Euro-Gebiet. In Zukunft sollen die Staaten ihre Haushalts- und Wirtschaftspolitik mit der Kommission und damit untereinander regelmäßig koordinieren. Das ist das "europäische Semester".

Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte dazu am Mittwoch (12.01.2011) in Brüssel, noch vor zwei, drei Jahren sei die Idee am Einspruch der Mitgliedsstaaten gescheitert. Damals haben die Regierungen das noch als zu starken Eingriff in nationale Kompetenzen abgelehnt. Doch die Not hat sie zum Umdenken gezwungen, glaubt Barroso. "Natürlich werden die Mitgliedsstaaten das letzte Wort haben. Aber ab jetzt wird jedes Land von Anfang an die europäische Dimension in seine nationale Politikgestaltung einbringen."

Europa soll "Teufelskreis" durchbrechen

Ein nachdenklicher Kommissar Rehn (Foto: AP)
Währungskommissar Rehn: ohne Reformen droht Europa StagnationBild: AP

Aber das ist nur der eine Teil eines umfassenden Konzepts. Währungskommissar Olli Rehn treibt die Staaten außerdem zu noch mehr Spar- und Reformanstrengungen an. "Ohne stärkere Konsolidierung der Staatsfinanzen sind wir den Marktkräften ausgeliefert. Und ohne Strukturreformen wird Europa stagnieren und zu einem Teufelskreis aus hoher Arbeitslosigkeit, hoher Staatsverschuldung und schwachem Wirtschaftswachstum verurteilt sein."

Rehn nannte als Beispiel die Rentenpolitik. In Zukunft müssten die Rentensysteme dringend auf eine solidere Grundlage gestellt werden. Und Schweden habe bewiesen, dass die Wähler eine unbequeme, aber richtige Politik durchaus akzeptierten.

Was wird aus Portugal?

Und dann sagte Barroso einen kleinen Satz mit großer Wirkung. Es ging um den Rettungsschirm. Den hatten die Euro-Staaten im Frühjahr nach der Griechenland-Hilfsaktion aufgespannt, um auch andere pleitebedrohte Staaten zu schützen. Irland war im November als erstes Land unter den Schirm geflüchtet. "Wir meinen, dass die Finanzierungsmöglichkeiten des Fonds gestärkt und seine Einsatzmöglichkeiten ausgeweitet werden müssen", erklärte der Kommissionspräsident fast beiläufig.

Das deuten viele als Hinweis, dass Portugal sehr bald ebenfalls Hilfe braucht. Die Kommission wiegelt ab. Sie will eine Aufstockung des Fonds als reine Vorsichtsmaßnahme verstanden wissen und lobt die Konsolidierungsmaßnahmen der portugiesischen Regierung. Die deutsche Regierung hat auch prompt ihre bekannte Meinung wiederholt, der Fonds reiche im Moment vollkommen aus.

Aufgespannter Schirm mit Europa-Flagge vor dem Europaparlament in Brüssel (Foto: dpa)
Wer muss als nächster unter den Rettungsschirm der EU?Bild: picture-alliance/dpa

Kraftprobe steht erst noch bevor

Einen unmittelbaren Zusammenhang zum "europäischen Semester" stellte unterdessen Klaus Regling her. Er verwaltet den Rettungsfonds und trat unabhängig von der Pressekonferenz der Kommission bei einer Podiumsdiskussion in Brüssel auf. "Je besser die finanzielle Koordinierung ist, je besser die Ungleichgewichte abgebaut werden, desto weniger Arbeit werde ich haben."

Doch es geht hier um Mammutaufgaben: Sowohl bei der europäischen Koordinierung als auch bei den geforderten Sozialreformen sind starke Widerstände zu erwarten, in der Bevölkerung und bei den Regierungen. Sobald es konkret wird, dürfte der Streit mit der Kommission beginnen.

Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Martin Schrader