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Börse: Rekordhoch, Crash, Höhenflug

Mischa Ehrhardt Frankfurt am Main
26. Dezember 2020

Das Börsenjahr 2020 war wie vieles von Corona geprägt. Es endet mit der Hoffnung auf Besserung. Ins neue Jahr starten die Aktienmärkte auf hohem Niveau. Dabei sind die Risiken bei weitem aber nicht ausgestanden.

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Coronavirus - Börse in Frankfurt/Main
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Das Börsenjahr 2020 endet, wie es angefangen hat - mit Höchstständen der Aktienkurse. An der New Yorker Wall Street haben wichtige Indices wie Dow Jones und S&P 500 neue Rekorde erreicht.

Der Deutsche Aktienindex (Dax) in Frankfurt befindet sich zum Jahresende ebenfalls im Höhenflug: Beflügelt vom Brexit-Handelsabkommen und der Unterzeichnung des Corona-Hilfsprogramms in den USA hat der Index am Montagmorgen (28.12.2020) mit 13.795 Punkten ein neues Rekordhoch erklommen.

Das ist - angesichts der Corona-Pandemie - eine erstaunliche Entwicklung. Und es spricht manches dafür, dass es 2021 so weitergehen könnte.

Bis Mitte Februar lief für Anleger zunächst alles glatt - das wichtigste Börsenbarometer Dax kletterte auf neue Rekorde und hatte die 14.000-Punkte-Marke im Visier. Zu jener Zeit aber sorgte China für Aufsehen: Die Regierung griff in der Millionen-Metropole Wuhan zu rigiden Maßnahmen, um ein sich verbreitendes Virus einzudämmen. Als dann die ersten Fälle hierzulande auftauchten und die Pandemie in ihrem Ausmaß sichtbar wurde, rauschten die Kurse quasi im freien Fall in den Keller: Von fast 14.000 auf unter 9.000 sackte der Dax ab - und das in nur zwei Wochen bis Mitte März.

Coronavirus - Börse in Frankfurt/Main
Nicht zum Hinschauen: Massive Verluste an der Frankfurter Börse Anfang März 2020Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Ein V, ein U, ein L?

Ökonomen und Börsenpropheten orakelten zu jener Zeit, welches Los aus einer Buchstabensuppe gezogen und den weiteren Verlauf von Börse und Konjunktur prägen würde. Namentlich standen V, U und L weit oben auf der Liste der ökonomisch-pandemisch und buchstäblichen Unwägbarkeiten: V für eine steile Erholung, U für ein etwas ausgedehnteres Tal, das L als schlechtesten Fall: Absturz und lange keine Erholung.

Im Rückblick lässt sich sagen, dass über Wochen der Atem angehalten wurde und dann ein stoßseufzendes 'Uff!' zu vernehmen war - in diesem Fall vielleicht passender ein 'UV!'. An der Börse erholten sich die Kurse bis zum Jahresende wieder und befinden sich wieder auf dem Niveau des Allzeithochs zu Beginn des Jahres.

Die 14.000 Punkte - und damit ein neuer historischer Höchststand des Dax - ist nicht weit entfernt. "Die Börse schaut in die Zukunft", erklärt Robert Halver, der Chefstratege der Baader Bank. "Sie sieht die Impfstoffe, sie sieht die massiven Konjunkturpakete überall auf der Welt. Und diese Pakete werden ja durch eine üppige Geldpolitik gestützt, das heißt: Da brennt nicht viel an."

Milliarden? Billionen!

Massiven Einfluss auf die Konjunktur, aber auch die Aktien- und Finanzmärkte übt in der Tat die Europäische Zentralbank aus. In den Türmen der Europäischen Währungshüter lautet in der Pandemie die Devise: Klotzen, nicht kleckern! Die EZB feuert aus allen Rohren, um die europäische Wirtschaft zu unterstützen, die Zinsen niedrig zu halten und ihr eigentliches Ziel zu erreichen - die Inflation anzuheizen, um letztlich die Preise stabil zu halten.

Die tatsächliche oder gewünschte Stabilität allerdings hat ihren Preis. Ihr Notfallprogramm in der Pandemie hat die EZB im Dezember zum Jahresende noch einmal um 500 Milliarden Euro auf schwer fassbare 1,85 Billionen Euro erhöht. Damit soll die Kreditvergabe im Fluss gehalten werden, sollen Investitionen und Ausgaben sprießen.

Es ist ein neues, in seinen Ausmaßen nie dagewesenes Experiment - mit entsprechend ungewissem Ausgang. Sicher aber ist: Nullzinsen und Geldflut haben ihren Weg in die Aktienmärkte gefunden und werden ihn weiter finden. Auf der Suche nach Renditen sind Unternehmenspapiere für Investoren quasi alternativlos. Das ist Teil der Geschichte der anhaltenden Erholung an den Aktienmärkten - obwohl über den Jahreswechsel durch den neuerlichen Lockdown wieder alles stillsteht. Dass die durch Corona-Hilfen explodierten Staatsschulden damit im Vorbeigehen besser tragbar sind, ist zumindest aus staatlicher Sicht ein willkommener Nebeneffekt. Allerdings steigt durch die expansive Geldpolitik auch die Gefahr von Blasenbildungen an den Aktien- und Finanzmärkten.

Coronavirus Impfstoff Symbolbid
Was für ein Börsenjahr: Zwischen BioNTech und....Bild: picture alliance/dpa

Das Biontech-Wunder

Zur möglichen Erholung im kommenden Jahr trägt wesentlich die rasante Entwicklung von Impfstoffen bei. In wenigen Monaten etwa hat das Mainzer Biotech-Unternehmen BioNTech einen Impfstoff aus dem Boden gestampft, die Impfungen laufen vielerorts an. Der Börsenwert des Unternehmens, das mit dem amerikanischen Giganten Pfizer zusammenarbeitet, hat sich in diesem Jahr rund verdreifacht.

Firmengebäude Wirecard AG
.. und dem Skandalkonzern Wirecard. Bild: picture-alliance/J. Niering

Die Pandemie hat viele - und sogar solche - Unternehmensnachrichten weitgehend in den Schatten gestellt. Für einen umso lauteren Knall aber sorgte der Bilanzskandal bei Wirecard, der die Börse auch im kommenden Jahr noch beschäftigen wird. Denn in Folge wird im September 2021 der Dax umstrukturiert: Statt 30 werden künftig 40 Unternehmen der höchsten Börsenliga angehören. Dafür schrumpft die zweite Börsenliga, der MDax um zehn Unternehmen. So soll zumindest in der ersten Börsenliga die Unternehmenslandschaft besser abgebildet sein.

Für 2021 jedenfalls erwarten Börsenbeobachter über das Jahr gesehen weiter steigende Kurse an den Börsen. Allerdings ist das mit viel Unsicherheit verbunden. Die Pandemie und die Maßnahmen, sie unter Kontrolle zu bekommen, können jederzeit zu Rückschlägen, mindestens aber starken Schwankungen führen.

 

Der Beitrag wurde um die aktuellen Börsenstände nach Weihnachten ergänzt.