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Fernfahrer legt Teilgeständnis ab

11. August 2014

Ein Lastwagenfahrer hat gestanden, jahrelang auf der Autobahn auf andere Fahrzeuge geschossen zu haben. Sein Motiv: Frust auf der Straße. Es sei um Genugtuung und Selbstjustiz gegangen.

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Angeklagter bei Prozessbeginn in Würzburg (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Fernfahrer Michael Harry K. hat im sogenannten Autobahnschützen-Prozess vor dem Landgericht in Würzburg gleich zum Prozessauftakt Einzelheiten zu seinen Taten genannt. Es sei zutreffend, dass er etwa ab Herbst 2009 auf deutschen Autobahnen eine "mir nicht erinnerliche Anzahl an Schüssen" auf die Ladung von Lastwagen abgegeben habe, räumte der 58-Jährige ein.

Der zuletzt in der Eifel lebende Lkw-Fahrer ist unter anderem wegen fünffachen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, unerlaubten Führens von Schusswaffen und Sachbeschädigung angeklagt. Er soll laut Anklage mehr als 700 Mal auf Autobahnen geschossen haben, konkret aufgeführt werden 171 verschiedene Fälle. Dabei nahm er laut Oberstaatsanwaltschaft billigend in Kauf, dass durch Irrläufer seiner Schüsse Menschen ums Leben hätten kommen können. 2009 traf eine Kugel von K. eine Pkw-Fahrerin in den Hals und verletzte sie lebensgefährlich.

"Krieg auf der Autobahn"

K. betonte nun in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung: "Den Vorwurf, den Tod von Menschen in Kauf genommen zu haben, weise ich zurück." Er habe weder in Erwägung gezogen noch beabsichtigt, dass seine Schüsse Menschen treffen könnten. Der Angeklagte entschuldigte sich in seiner Erklärung bei den Opfern. Ihm sei mittlerweile auch bewusst, dass sein Verhalten für Außenstehende nicht nachvollziehbar sei.

Ein gesichertes Beweisstück: Einschussloch in einer Autotür (Foto: dpa)
Ein gesichertes Beweisstück: Einschussloch in einer AutotürBild: picture-alliance/dpa

Als Motiv für seine Taten nannte er auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Burkhard Pöpperl Verärgerung über das Verhalten von Fahrern vor allem ausländischer Autotransporter. Zudem sei er mehrfach überfallen worden. Er sprach von "Krieg auf der Autobahn" und bestätigte, es sei um Genugtuung und Selbstjustiz gegangen. Nach der Schussabgabe sei der Frust bei ihm nicht mehr so groß gewesen. Neben den Schüssen aus dem Lkw gab der Angeklagte auch zu, im Raum Köln von seinem Privatwagen aus auf geparkte Autos geschossen zu haben. Er habe sich vorher immer vergewissert, dass niemand in dem Auto gesessen habe, meinte er.

Laut Anklage benutzte der Fernfahrer zwei Waffen mit selbstgebauten Schalldämpfern: erst ein Kleinkaliber, später auch eine Waffe des gefährlicheren Kalibers 9 Millimeter.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts ist der Fall einmalig in der deutschen Kriminalgeschichte. Die Suche nach dem Schützen gestaltete sich äußerst kompliziert, weil die beschossenen Lkw-Fahrer die Treffer meistens erst bei ihrer Ankunft an ihrem Zielort bemerkten. Erst eine umfangreiche Kennzeichenerfassung an betroffenen Autobahnabschnitten führte schließlich im vorigen Jahr auf die Fährte des Kraftfahrers. Im Juni 2013 wurde er festgenommen.

se/kis (dpa, afp)