Regierungskrise in Australien
22. August 2018Australien erlebt eine der wohl heftigsten Regierungskrisen seit langem. Erst am Dienstag hatte Premierminister Malcolm Turnbull (Artikelbild) ein Misstrauensvotum in seiner Fraktion und anschließend im Parlament überstanden, womit er Parteichef der Liberalen und Regierungschef blieb.
In Australien wird der Premierminister nicht direkt durchs Volk gewählt. Das Amt hat traditionell der Vorsitzende der Partei inne, die die Regierung führt. Der Regierungschef kann es deshalb auch durch eine parteiinterne Vertrauensabstimmung verlieren. Seit 2007 hat in Australien kein einziger Premierminister mehr eine volle Amtszeit durchgehalten.
Ex-Premier als Strippenzieher?
Turnbull setzte sich in der Fraktionsabstimmung mit 48 zu 35 Stimmen gegen seinen Herausforderer, den populistischen Innen- und Migrationsminister Peter Dutton, durch. Dutton, der auch für Australiens harte Linie in der Einwanderungspolitik zuständig ist, trat anschließend zurück. Dutton gehört zum Kreis um den konservativen Ex-Premier Tony Abbott, den Turnbull vor drei Jahren aus dem Amt gedrängt hatte. Abbott gilt als eigentlicher Drahtzieher der parteiinternen Revolte.
Mindestens neun weitere Kabinettsmitglieder boten nach Duttons ebenfalls ihre Demission an. Davon nahm der Premier bisher nur den Rücktritt von Entwicklungsministerin Concetta Fierravanti-Wells an. Er versicherte, dass ihm die übrigen Minister "eindeutig Loyalität und Unterstützung" zugesichert hätten.
Schlechte Umfragewerte für die Regierungskoalition
Wenige Stunden nach der Abstimmung in der eigenen Fraktion hatte Turnbull auch ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden. Den Antrag hatte die oppositionelle Labor-Partei eingebracht. Der Premierminister, der erst am Montag auf Druck der Konservativen einen Rückzieher bei den von ihm geplanten härtere Klimaschutz-Ziele machen musste, rief das eigene Lager nun dazu auf, zusammenzustehen.
Im Mai nächsten Jahres wird in Australien ein neues Parlament gewählt. In den Meinungsumfragen liegen die Liberalen in ihrem national-liberalen Regierungsbündnis seit Monaten hinter der Labor-Partei. Im Parlament verfügt die konservative Regierung derzeit nur über eine hauchdünne Mehrheit von einem Sitz.
cw/kle (afp, dpa, rtre)