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Überwiegend Lob für Europäer beim Atom-Deal

Barbara Wesel 14. Juli 2015

Dreizehn Jahre lang haben die Europäer in den Atomverhandlungen mit dem Iran außenpolitisch dicke Bretter gebohrt. Das Abkommen von Wien ist für sie einer der eher seltenen großen diplomatischen Erfolge.

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Atomverhandlung mit dem Iran in Wien (Photo: REUTERS/Leonhard Foeger)
Bild: Mehr

Der Papst hat das Atomabkommen mit dem Iran ein wichtiges Ergebnis genannt. Der russische Präsident Wladimir Putin meint, es lasse die Weltgemeinschaft aufatmen, und die Europäer sparen nicht an Eigenlob: EU-Ratspräsident Donald Tusk spricht von einem Sieg der Diplomatie und einer neuen geopolitischen Lage. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, vermutlich ebenso erleichtert wie müde nach der letzten Runde des Verhandlungsmarathons, sieht in der Vereinbarung ein "Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt". Es sei ein Beschluss, der ein neues Kapitel in den internationalen Beziehungen eröffnen könne.

Die Verhandlungen waren eine europäische Initiative

2003 hatten die ersten Gespräche aufgrund einer Initiative des damaligen EU-Chefdiplomaten Xavier Solana begonnen. Zunächst waren nur die Außenminister von Großbritannien, Frankreich und Deutschland am Tisch. 2008 dann kamen die USA dazu und es folgte eine unendliche Geschichte von verpassten Fristen, Fehlschlägen und Frustrationen. Die Stop-and-Go Diplomatie dauerte mehr als ein Jahrzehnt. Jetzt ist der Durchbruch in Wien Balsam für die europäische Seele, nachdem es von allen Seiten Kritik an der Griechenland-Politik gehagelt hatte.

Atomverhandlung mit dem Iran (Photo: Tasnim)
Atomverhandlungen in voller BesetzungBild: Tasnim

Der Vizepräsident des Europäischen Parlamentes, Alexander Graf Lambsdorff, nennt das Abkommen "historisch", wenn es nachvollziehbar und glaubhaft umgesetzt werde. Es zeige sich, dass beharrliche Diplomatie wirke, auch im Nahen Osten. Sein Kollege Klaus Buchner von der Fraktion der Grünen gehörte zu einer Delegation, die vor kurzem zu Besuch beim Parlament in Teheran war. Auch er lobt das Verhandlungsgeschick von EU-Chefdiplomatin Mogherini und nennt das Abkommen "einen großen Erfolg für die EU-Außenpolitik". Jetzt müsse es darum gehen, die Beziehungen wieder aufzubauen: Teile der iranischen Regierung seien sehr daran interessiert.

Der iranische Präsident Hassan Rohani
Die Europäer hoffen auf Präsident Hassan RohaniBild: Mehr

Man braucht Kontakte auf allen Ebenen

Schon die ersten Kontakte zwischen Parlamentariern hätten Veränderungen gebracht: "Früher konnte man das Thema Menschenrechte überhaupt nicht ansprechen, heute reden wir offen darüber", sagt der Europaabgeordnete Buchner. Auf seiner Liste steht auch der Umweltschutz als Feld für Kooperation, da habe der Iran große Probleme. Und angesichts der instabilen Lage im Nahen Osten hofft er auf den Iran als einen verlässlichen Partner. Möglichkeiten sieht er etwa für die Vermittlung im syrischen Bürgerkrieg. Damaskus stehe nicht auf der iranischen Prioritätenliste, "da könnte man sicherlich durch Gespräche etwas erreichen", meint der Grünen Politiker. Auch für die Stabilisierung im Irak wäre eine Kooperation mit dem Iran nützlich.

Die Wirtschaftbeziehungen aber würden sich von selbst wieder entwickeln:"Ich hatte lange vor Abschluss der Verhandlungen Wirtschaftsvertreter auf meiner Schwelle, die schon mit den Füßen scharrten, um wieder Geschäfte mit dem Iran zu machen", berichtet der Abgeordnete.

Ist der Erfolg gut für Europa?

Durchweg positiv bewertet Cornelius Adebahr, Forscher bei Carnegie Europe, das Verhandlungsergebnis: Ein Teil des Lobes für den Erfolg gebühre den Europäern, das habe auch Präsident Obama in seiner Rede anerkannt. Die Außenminister hätten ihre guten Beziehungen zum Iran eingebracht, um das Land überhaupt zu Gesprächen zu bewegen. Neben guter Verhandlungsführung waren dann auch die Umstände günstig: Dazu zählten der Regierungswechsel in Teheran und die Tatsache, dass Präsident Obama eine diplomatische Lösung wollte. Man müsse aber leider sehen, dass sich nicht alle Weltkonflikte von Syrien bis Jemen nach dem gleichen Muster lösen ließen.

Konflikt im Jemen (Photo: EPA/YAHYA ARHAB +++(c) dpa - Bildfunk)
Die Kämpfe im Jemen gehören zu den gefährlichen RegionalkonfiktenBild: picture-alliance/dpa/Y. Arhab

Der Schlüssel zum Erfolg habe bei den Atomverhandlungen darin gelegen, nur ein Thema zu behandeln und Probleme auf technischer Ebene und in Einzelfragen gegliedert anzugehen, erklärt Adebahr. Das werde sicher viele Kritiker herausfordern, weil man Fragen der regionalen Machtbalance oder der iranischen Aktivitäten in der Region nicht mit behandelt habe. Aber die Verhandlungsführer hätten früh erkannt, dass Einigung nur in diesen Einzelfragen möglich war.

Die Sorge sei jetzt, dass der Iran den Zufluss von Geld nach Ende der Sanktionen für ein noch aggressiveres Verhalten in der Nachbarschaft nutzen könnte. Aber da müsse man eben neu geschaffenes Vertrauen und die Kanäle zu Teheran nutzen, um Einfluß zu nehmen. Tatsächlich habe die iranische Seite schon angeboten, ähnliche Verhandlungsformate für Jemen oder Syrien anzubieten. Das könne man zumindest versuchen, auch wenn die Hoffnung nicht groß sei. Immerhin wären solche Gespräche bisher überhaupt nicht möglich gewesen.