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Politik

Wirbel um Impfstoff von AstraZeneca

28. Januar 2021

Die deutsche Impfkommission versieht das Corona-Vakzin von AstraZeneca mit einer Altersbeschränkung, Boris Johnson hält es dagegen für untadelig. Und die EU macht Druck.

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Symbolbild Impfstoff Impfung Coronavirus
Bild: FrankHoemann/SvenSimon/picture alliance

"Zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren liegen aktuell keine ausreichenden Daten vor", erklärte die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut in ihrem Entwurf für die endgültige Empfehlung. Daher werde der COVID-19-Impstoff von AstraZeneca nur für Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfohlen. Abgesehen von dieser Einschränkung werde das Vakzin als gleichermaßen geeignet angesehen wie die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna. Die Stiko ist ein unabhängiges Expertengremium und entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland.

Mit den beiden in der EU bereits zugelassenen Vakzinen von BioNTech/Pfizer und Moderna werden ältere Menschen schon geimpft. Für sie wurde keine Altersobergrenze genannt. Der BioNTech/Pfizer-Impfstoff hatte in der Europäischen Union eine bedingte Marktzulassung ab 16 Jahren erhalten, der von Moderna ab 18 Jahren. Das Präparat des schwedisch/britischen Pharmakonzerns AstraZeneca hat noch keine Zulassung in der Europäischen Union. Die Genehmigung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA wird am Freitag erwartet.

Streit um Impfstoff-Lieferengpässe - EU wartet auf Lösungsvorschlag

AstraZeneca steht in der Europäischen Union in der Kritik, weil das Unternehmen kürzlich angekündigt hatte, weniger Impfdosen als geplant an die EU liefern zu können. Als Grund nannte die Firma Probleme in der europäischen Lieferkette. In der EU produziert der Konzern in Belgien und den Niederlanden.

Es sei an dem Unternehmen, konstruktive Vorschläge dazu zu machen, wie es die Verpflichtungen aus seinem Liefervertrag erfüllen wolle, sagte ein EU-Kommissionssprecher in Brüssel. Die EU erwarte, dass notfalls auch Impfstoff aus Werken des Konzerns in Großbritannien an sie geliefert werde. Außerdem bestätigte die EU-Kommission eine Inspektion der belgischen Medizinaufsicht FAGG in dem von Produktionsschwierigkeiten betroffenen Werk in Seneffe.

Premier Johnson weist Empfehlung der Stiko zurück

Die EU hatte sich im vergangenen August bis zu 400 Millionen Dosen des Mittels vertraglich gesichert. Durch die aktuellen Engpässe dürfte nach EU-Angaben die zugesagte Liefermenge in ersten Quartal mit 31 Millionen Impfdosen rund 60 Prozent niedriger ausfallen als geplant. AstraZeneca äußerte sich bislang nicht dazu, wie groß die Ausfälle sein werden.

Der britische Premier Boris Johnson besuchte am Donnerstag ein Labor in Schottland
Der britische Premier Boris Johnson besuchte am Donnerstag ein Labor in SchottlandBild: Jeff J Mitchell/Reuters

Großbritannien hatte den AstraZeneca-Impfstoff als weltweit erstes Land Ende Dezember zugelassen. Dort werden damit auch ältere Menschen geimpft. Premierminister Boris Johnson wies umgehend die deutschen Zweifel an der Wirksamkeit für Ältere zurück: "Unsere eigene Zulassungsbehörde hat sehr klar gemacht, dass der Oxford/Astrazeneca-Impfstoff sehr gut und wirksam ist." Er erziele in allen Altersgruppen eine gute Immunantwort.

Probanden-Studien in der Kritik

In einer Zwischenauswertung hatte AstraZeneca im Fachmagazin "The Lancet" Anfang Dezember 2020 die Daten von 11.636 Probanden veröffentlicht, die entweder mit dem Impfstoff oder einem wirkungslosen Placebo behandelt worden waren. Je nach Impfschema hatte sich dabei eine Wirksamkeit von rund 60 bis 90 Prozent gezeigt. Im Schnitt gab AstraZeneca eine Wirksamkeit von 70 Prozent an.

Allerdings war der Großteil der Probanden in diesen Untersuchungen maximal 55 Jahre alt. Nur eine kleine Untergruppe, etwa acht Prozent, umfasste Menschen zwischen 56 und 69 Jahren. Ein noch kleinerer Anteil der Probanden, knapp vier Prozent, waren Menschen über 70 Jahren. Das weckte Zweifel an der Wirksamkeit des Vakzins bei Älteren.

Eine Sprecherin von AstraZeneca wies die Berichte über eine Wirksamkeit des Impfstoffs von nur unter acht Prozent bei Menschen über 65 als "völlig unkorrekt" zurück.

qu/rb (dpa, rtr, afp)