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Antidepressiva treiben Flohkrebse in den Selbstmord

13. Juli 2010
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Höckerflohkrebs (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

In den westlichen Ländern steigt die Rate der verschrieben Antidepressiva seit Jahren an, immer mehr Menschen benötigen heutzutage medikamentöse Gemütsaufheller.

Dass deren Wirkstoffe sich über die Abwässer, bis hin auf Ökosysteme auswirken können, haben jetzt Wissenschaftler der Universität Portsmouth in England nachgewiesen. Ihr Forschungsobjekt ist der Flohkrebs Echinogammarus marinus. Der Salzwasserkrebs wird bis zu 25 mm groß und ist ein weit verbreiteter Bestandteil des Planktons.

Dieser kleine Krebs verhält sich, unter dem Einfluss des in Antidepressiva verwendeten Stoffes Fluoxetin, geradezu tollkühn. Waghalsig schwimmt er auf Licht und helle Wasserbereiche zu, anstatt sich in der schützenden Dunkelheit vor seinen Fressfeinden zu verstecken. Grund für dieses lebensmüde Verhalten scheint der durch das Fluoxetin erhöhte Serotoninspiegel zu sein. Serotonin ist ein körpereigener Botenstoff, der unter anderem bestimmte Abläufe im Gehirn reguliert. Da der Flohkrebs in der Nahrungskette sehr weit unten steht, kann jegliche Verhaltensänderung einen starken Einfluss auf das gesamte Ökosystem haben.

Doch nicht nur Antidepressiva lassen den Flohkrebs alle Vorsicht vergessen. Auch der Befall durch einen bestimmten Parasiten resultiert beim Krebschen in ähnlich draufgängerischem Verhalten. Einziger Unterschied: die Manipulation durch den wurmartigen Parasit ist biologisch beabsichtigt. Bereits 2007 fanden Wissenschaftler der Universität Bonn heraus, dass der Wurm nur sein Larvenstadium im Flohkrebs verbringt. Für seine Weiterentwicklung ins Erwachsenenstadium muss der Parasit dann einen Wirtswechsel vornehmen und zwar in einen größeren Raubfisch, einen Fressfeind des Flohkrebses. Da der kleine Krebs mit dem Wechsel für den Parasiten nutzlos wird, wählt dieser die einfachste Form des Transfers und treibt den Krebs in den Selbstmord.

Autorin: Sophia Wagner
Redaktion: Judith Hartl