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Deutsche Industrie mit vielen Aufträgen

5. August 2021

Die deutsche Industrie bekommt Aufträge, als hätte es nie eine Corona-Krise gegeben. Im Juni stiegen die Bestellungen so stark wie seit zehn Monaten nicht. Und: Aufträge kommen vor allem aus dem Inland.

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Deutschland Konjuktur Turbinenfertigung Windkraftanlagen
Bild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Die weltweite Konjunkturerholung füllt die Auftragsbücher der deutschen Industrie kräftig. Im ersten Halbjahr lag der Wert der Bestellungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes preisbereinigt (real) um 28,1 Prozent über dem von der Corona-Krise geprägten Vorjahreszeitraum. Allein die exportorientierten Maschinenbauer verzeichneten ein Plus von 29 Prozent.

Nach Angaben des Branchenverbandes VDMA ist der coronabedingte Einbruch des Vorjahreszeitraums wettgemacht und das Vorkrisenniveau der ersten sechs Monate 20219 überschritten. "Nach den herben Order-Einbrüchen im letzten Jahr ist die jetzige Auftragslage ein Segen", sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers am Donnerstag. Allein im Juni legten die Maschinenbau-Bestellungen um 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu. Die Zurückhaltung der Kunden während der Corona-Hochphase sei eindeutig überwunden. "Investitionen in Ausrüstung, Maschinen und Services stehen weltweit oben auf der Agenda", sagte Wiechers.

China Qingdao | Containerhafen
Zu viele Container stehen derzeit in den Häfen der Welt - hier in Qingdao/ChinaBild: picture-alliance/ZUMA Wire/SIPA Asia/Y. Fangping

Materialengpässe bremsen

"Der Industrie geht es eigentlich blendend. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt", stellte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank fest. "Wäre da nicht noch das Wort 'eigentlich'. Das Problem ist, dass die Industrie den exzellenten Auftragsbestand derzeit nicht in eine entsprechend gut laufende Produktion ummünzen kann. Die fehlenden Vorprodukte belasten."

Nach Angaben des Ifo-Institutes beklagen inzwischen 64 Prozent der befragten Industrie-Unternehmen Engpässe und Probleme bei Vorlieferungen als Hindernis für ihre Produktion.

"Der Auftragsbestand ist zwar hoch, kann aber wegen anhaltender Lieferengpässe bei Vorprodukten und Materialien nicht zügig abgearbeitet werden", erläuterte auch Bastian Hepperle, Ökonom des Bankhauses Lampe. "So nimmt die Produktion nicht mehr Fahrt auf." In der gesamten Industrie geben fast zwei Drittel der Unternehmen an, dass ihnen Engpässe zu schaffen machen.

Umsatz hält nicht Schritt

Das führt dazu, dass die Unternehmen ihre Aufträge nur langsam abarbeiten können. Darauf deutet auch der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe hin, der im Juni um 1,4 Prozent niedriger ausfiel als im Vormonat. "Die seit einigen Monaten zu beobachtende Tendenz eines Anstiegs der Auftragseingänge bei gleichzeitig stagnierenden Umsätzen dürfte unter anderem auf die in vielen Branchen berichteten Lieferengpässe von Vorprodukten zurückzuführen sein", erklärte das Statistische Bundesamt.

Die Aufträge aus dem Inland stiegen diesmal um 9,6 Prozent zum Vormonat, wozu besonders die gute Nachfrage in den Bereichen EDV und Optik sowie sonstiger Fahrzeugbau beitrugen. "Auch in den gewichtigen Bereichen Kfz und Maschinenbau stiegen die Auftragseingänge", so das Ministerium. Das Auslandsgeschäft legte dagegen nur um 0,4 Prozent zu. Dabei wuchsen die Bestellungen aus der Euro-Zone um 1,3 Prozent, während die aus dem restlichen Ausland leicht nachgaben. Gemessen am Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie, liegen die Aufträge nun um 11,2 Prozent höher. Verglichen mit dem deutlich von der Pandemie beeinträchtigten Vorjahresmonat Juni 2020 zogen sie um 26,2 Prozent an.

Weniger Kurzarbeit

Trotz Lieferengpässen und der weiter schwelenden Corona-Krise ist die deutsche Wirtschaft mittlerweile wieder auf Wachstumskurs. Mit dem Ende des Lockdowns stieg das Bruttoinlandsprodukt im Frühjahr um 1,5 Prozent zum Vorquartal, nachdem es zu Jahresbeginn noch um 2,1 Prozent gesunken war. Bereits im Sommer könnte die Wirtschaft wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen.

Die bisher gute Entwicklung der Unternehmen macht sich auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland bemerkbar:  Die Zahl der Kurzarbeitenden im Land ist auf den niedrigsten Stand seit Ausbruch der Pandemie. Nach einer Erhebung des Ifo-Istituts Im Juli waren noch 1,06 Millionen Menschen davon betroffen, während es im Vormonat 1,39 Millionen waren. Das ist die niedrigste Zahl seit Beginn der Corona-Krise im Februar 2020. Demnach waren 3,1 Prozent der abhängig Beschäftigten in Kurzarbeit, nach 4,1 Prozent im Vormonat.

hb/ar (dpa, rtr, epd)