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"NSU ein Tötungskommando"

15. Mai 2013

Nach stundenlangem juristischen Gezerre hat die Bundesanwaltschaft am zweiten Tag des NSU-Prozesses die Anklage verlesen. Die Neonazi-Zelle sei ein eingeschworenes Tötungskommando gewesen.

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Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) hätten aus rechtsextremistischen Motiven zehn ihnen völlig unbekannte Menschen ermordet. Die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sowie die Hauptangeklagte im Prozess, Beate Zschäpe (Artikelbild) hätten ihre Opfer - vornehmlich türkischer Herkunft - willkürlich ausgewählt, sagte Bundesanwalt Herbert Diemer vor dem Oberlandesgericht München. Mit den hinrichtungsgleichen Morden habe die Terrorgruppe Bürger ausländischer Herkunft verunsichern und das Vertrauen in den Staat erschüttern wollen..

Detailliert schilderte der Bundesanwalt die einzelnen Morde: wie Böhnhardt und Mundlos am helllichten Tag neun Kleingewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft mit der Pistole der Marke "Ceska" erschossen und eine Polizistin ermordeten. Böhnhardt und Mundlos nahmen sich im November 2011 das Leben, als ihnen die Polizei nach einem Bankraub auf die Spur gekommen war. Zschäpe sei an Planung und Vorbereitung der Morde maßgeblich beteiligt gewesen, erklärte Diemer und begründete damit den Anklagevorwurf der Mittäterschaft an zehnfachem Mord.

NSU-Prozess: Anklage konnte verlesen werden

Zwei Demonstranten erinnern vor dem Gerichtsgebäude an die Mordopfer (Foto: Fürstenau/DW)
Zwei Demonstranten erinnern vor dem Gerichtsgebäude an die MordopferBild: DW/M. Fürstenau

Ohne Zschäpes Rückendeckung, ohne die häusliche Fassade hätten Böhnhard und Mundlos nicht so lange unerkannt morden können. "Wir sehen sie als gleichberechtigtes Mitglied eines Tötungskommandos", sagte Oberstaatsanwältin Anette Greger. Die vier übrigen Angeklagten hätten das NSU-Trio unterstützt, so die Bundesanwälte weiter.

Zschäpe verfolgte die teils drastische Schilderung der Morde ohne sichtbare Regung. Die 38-Jährige wirkte nach Angaben von Prozessbeobachtern aber angespannter als zu Beginn des Verfahrens vergangene Woche. Im Falle einer Verurteilung droht ihr lebenslange Haft. Ihre Anwälte kündigten an, Zschäpe werde in dem Verfahren keine Aussage machen.Sie nannte noch nicht einmal ihren Namen.

In den Stunden vor der Anklage-Verlesung hatte sich die Verteidigung zahlreiche Wortgefechte mit dem Gericht geliefert und mit Anträgen immer wieder für Unterbrechungen der Verhandlung gesorgt. So forderten Zschäpes Anwälte die Aussetzung des Prozesses und einen Neubeginn in einem größeren Saal. Rund hundert Plätze für Journalisten und Zuschauer genügten nicht, um eine hinreichende Öffentlichkeit herzustellen. Das Gericht lehnte die Vorstöße der Verteidiger ab oder stellte sie zurück.

Gericht erwägt Aufspaltung des Verfahrens

Neben den Morden wird Zschäpe auch mitverantwortlich gemacht für zwei Bombenanschläge in Köln und 15 Raubüberfälle. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl regte an, den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße im Jahre 2004 mit zahlreichen Verletzten abzutrennen. Dies würde nach seinen Angaben die hohe Zahl an Nebenklägern in dem laufenden Prozess begrenzen. Möglicherweise wird darüber bereits am dritten Verhandlungstag an diesem Mittwoch entschieden. Mittlerweile nehmen 148 Opfer, Hinterbliebene und ihre Anwälte an dem Verfahren teil.

wl/SC (dpa, afp,rtr)