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Politik

Ankara will Ausnahmezustand verlängern

14. Juli 2017

Ein Jahr nach dem Putschversuch will die Türkei die Bürgerrechte weiter einschränken. Am Jahrestag darf die Opposition an einer Gedenkfeier teilnehmen, für inhaftierte Kritiker bleibt eine Freilassung aber aussichtslos.

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Türkei Flagge in Istanbul
Bild: Getty Images/AFP/G. Ozturk

Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu an, die Regierung werde den Vorschlag beim Nationalen Sicherheitsrat einreichen. Der Ausnahmezustand ermöglicht es Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, per Dekret zu regieren. Im Ausnahmezustand steht Erdogan sowohl dem Kabinett als auch dem Sicherheitsrat vor. Wesentliche Grund- und Freiheitsrechte der Bürger sind durch die Notstandsregelung eingeschränkt. 

Nach der Vorlage im Sicherheitsrat muss der Verlängerung noch das Parlament zustimmen, in dem Erdogans AKP über die absolute Mehrheit verfügt. Die Zustimmung gilt in beiden Gremien als sicher. Erdogan wurde im Mai - nach seinem Sieg beim Verfassungsreferendum - wieder zum Vorsitzenden der AKP gewählt. Würde der Ausnahmezustand nicht verlängert, würde er nach derzeitigem Stand am 19. Juli auslaufen.

Ausnahmezustand in der Türkei bereits dreimal verlängert

Erdogan hatte den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 verhängt, dessen Niederschlagung derzeit im ganzen Land gedacht wird. Seitdem wurde der Ausnahmezustand bereits drei Mal verlängert, obwohl Regierungsvertreter ursprünglich ein frühes Ende in Aussicht gestellt hatten. Erdogan hatte erst vor wenigen Tagen deutlich gemacht, dass der Ausnahmezustand erst beendet werde, "wenn die Notwendigkeit für unseren Kampf gegen Terrorismus verschwindet".

Türkei Putschversuch
Die Polizei ging vor einem Jahr hart gegen mutmaßliche Putschisten vor (Archivbild)Bild: picture-alliance/AA

Zur zentralen Gedenkveranstaltung im türkischen Parlament anlässlich des Jahrestages des gescheiterten Putsches sind überraschend auch Vertreter der Opposition eingeladen worden. Der Sprecher der größten Oppositionspartei Partei CHP, Bülent Tezcan, sagte in Ankara, nach Protesten habe Parlamentspräsident Ismail Kahraman, der zur AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan gehört, eine Einladung geschickt. Die CHP werde teilnehmen und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu werde eine Rede halten. Das ursprüngliche Programm des Präsidentenpalastes hatte nur Ansprachen von Erdogan, Parlamentspräsident Kahraman und Ministerpräsident Binali Yildirim vorgesehen.

Oppositionspolitiker in der Türkei immer noch inhaftiert

Die zweitgrößte Oppositionspartei - die pro-kurdische HDP - kündigte dagegen an, die Veranstaltung mit einer Ansprache Erdogans um 2.32 Uhr in der Nacht zu Sonntag zu boykottieren. Zu dem Zeitpunkt hatten vor einem Jahr Putschisten das Parlament in Ankara bombardiert. Eine HDP-Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, auch ihre Partei sei nun doch noch eingeladen worden. Die Einladung hätte aber Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag gelten müssen, die als Parteivorsitzende nach dem Putsch inhaftiert worden waren und im Gefängnis sitzen. "Weil unsere Ko-Vorsitzenden nicht dabei sind, lehnen wir das ab", sagte die Sprecherin. "Wir nehmen nicht teil."

Die Türkei ein Jahr nach dem Putschversuch

Am Gedenktag des versuchten Militärputschs haben Journalisten-Organisationen weltweit an die rund 170 inhaftierten Kollegen in dem Land erinnert. Schon vor dem Putsch sei die Pressefreiheit in der Türkei unter Druck gewesen, erklärte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, in Berlin. Seitdem jedoch kenne Präsident Recep Tayyip Erdogan keine Schranken mehr und verfolge alle Kritiker mit äußerster Härte. Der DJV und "Reporter ohne Grenzen" forderten die Bundesregierung auf, sich weiter für die Freilassung der eingesperrten Journalisten einzusetzen.

Laut "Reporter ohne Grenzen" haben sich rund 20 der in der Türkei inhaftierten Journalisten mit Beschwerden an den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) gewandt, dessen Entscheidungen bindend für die Türkei sind. Unter ihnen ist auch seit Februar festgehaltene "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel. Die Türkei ist den Angaben zufolge derzeit das Land mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 155 von 180 Ländern weltweit.

myk/jj (dpa, edp)