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Angst vor offenem Krieg bleibt

5. Oktober 2012

Aus dem syrisch-türkischen Grenzgebiet werden neue Einschläge gemeldet. Offenbar gingen von beiden Seiten Attacken aus. In Syrien selbst dauert das blutige Patt zwischen Assad-Truppen und Aufständischen an.

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Türkischer Grenzsoldat im Rückspiegel eines Panzers (foto: REUTERS)
Bild: Reuters

Das NATO-Mitglied Türkei ist nach eigenen Angaben zum zweiten Mal binnen weniger Tage unter Beschuss aus Syrien geraten. Das türkische Militär habe das Feuer erwidert, nachdem eine Granate im Süden des Landes eingeschlagen sei, zitierte die Nachrichtenagentur Anadolu den Gouverneur der betroffenen Grenzprovinz Hatay, Mehmet Celalettin Lekesiz. Auf türkischer Seite gebe es keine Verletzten. Am Mittwoch und Donnerstag hatte die Armee mit Vergeltungsschlägen auf eine syrischen Attacke reagiert, bei der in einem türkischen Grenzdorf fünf Menschen getötet wurden. Bei den Gegenangriffen starben nach Informationen von Al-Dschasira insgesamt 34 Syrer.

Die Vorfälle schüren Sorgen, dass sich der zum Bürgerkrieg gewordene Aufstand gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zum regionalen Flächenbrand entwickeln könnte. "Wir wollen keinen Krieg, aber wir sind nicht weit davon entfernt", hatte Regierungschef Tayyip Erdogan noch kurz vor dem erneuten Beschuss in einer kämpferischen Rede auf einer Massenkundgebung in Istanbul gesagt. Wer immer die Reaktionsfähigkeit und Entschlossenheit seines Landes testen wolle, begehe einen tödlichen Fehler.

Sorge bereitete insbesondere auch das neue türkische Gesetz vom Donnerstag, das der konservativ-islamischen Regierung Erdogan freie Hand für Militäreinsätze im Nachbarland gibt. Man befürchtet ein ähnliches Vorgehen der Türken wie im Norden des Irak, wo regelmäßig kurdische Rebellen bei Luftangriffen ins Visier genommen werden.

Neuer Granatenabschuss auf die Türkei

Die syrischen Staatsmedien meldeten am Freitag verdächtige Bewegungen an der Grenze. Bewaffnete Gruppen aus der Türkei sollen angeblich versucht haben, in ein syrisches Dorf einzudringen. Einige "Eindringlinge" seien getötet worden. Die meisten der Angreifer seien Ausländer gewesen, einer von ihnen ein Türke, berichtete das staatliche Fernsehen in Damaskus.

Keine Seite kann siegen

Die Opposition vermeldet Bombardierungen und heftige Kämpfe aus verschiedenen Landesteilen. So griffen zum Beispiel Kampfflugzeuge und Panzer der Regierung von Präsident Baschar al-Assad ein Viertel der Rebellenhochburg Homs und andere Stellungen in der Provinz an. Die Aufständischen verkündeten stolz die Einnahme einer Militärbasis nahe Damaskus. Eine Rebellenmiliz drohte 48 gefangengehaltene Iraner zu töten, die angeblich dem Assad-Clan als Söldner dienten. In mehreren Städten verlangten Demonstranten mehr Waffen zum Sturz des Regimes, da die Diplomatie gescheitert sei.

Als Reaktion auf den syrischen Angriff auf das türkische Grenzdorf sprach der UN-Sicherheitsrat erstmals wieder einmal mit einer Stimme in dem bislang ausweglos erscheinenden Bürgerkrieg. Nach zähen Verhandlungen hatten sich die 15 Mitglieder des höchsten UN-Gremiums in der Nacht auf eine Erklärung geeinigt, in der sie eine Verletzung des Völkerrechts kritisierten. Russland machte in diesem Punkt zum ersten Mal Zugeständnisse.

Starkes türkisches Truppenkontingent nahe des beschossenen Dorfes (foto: REUTERS)
Starkes türkisches Truppenkontingent nahe des beschossenen DorfesBild: Reuters

Der Vorfall unterstreiche, welch gravierende Auswirkungen die Krise in Syrien auf die Sicherheit der Nachbarn sowie Frieden und Stabilität in der Region habe, hieß es in der Erklärung. Der Sicherheitsrat forderte ein sofortiges Ende solcher Verletzungen des internationalen Rechts und rief die syrische Regierung auf, die Souveränität und territoriale Integrität der Nachbarn anzuerkennen.

Sorge um die Menschen auf der Flucht

Für die deutsche Bundesregierung soll derzeit die Versorgung von syrischen Flüchtlingen Vorrang haben. Deutschland habe deswegen bereits 23,3 Millionen Euro an Hilfsmitteln bereitgestellt und das Technische Hilfswerk (THW) entsandt, erklärte ein Regierungssprecher in Berlin. Mehr als 3700 Syrer hätten sich als Asylbewerber gemeldet, damit die größte Gruppe von Asylsuchenden der vergangenen Monate.

Für die Flüchtlinge habe die Versorgung vor Ort und die Nähe zu ihren Familien Priorität, erläuterte ein Vertreter des Auswärtigen Amts. Es gehe also um die direkte Unterstützung für die Syrer in Jordanien, im Libanon und in der Türkei. Das schließe aber nicht aus, dass auch Deutschland Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen werde. Man setze dabei aber auf gemeinsame Maßnahmen mit UN oder EU.

Die Bundesanwaltschaft erhob vor dem Berliner Kammergericht jetzt Anklage gegen einen Deutsch-Libanesen, dem Spionage für den syrischen Geheimdienst vorgeworfen wird. Seine Aufgabe sei es gewesen, syrische Oppositionelle zu bespitzeln und deren Aktivitäten auszuspähen, hieß es in Karlsruhe.

SC/sti ( dapd, rtre, afpf, epd)