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Hartz IV mit Herz

Lina Elter19. Juli 2007

Die Sozialkomödie "Du bist nicht allein" zeigt den tristen Alltag der Arbeitslosigkeit, aber will auch deutlich machen, dass das Leben immer wieder neue Chancen bietet.

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Katharina Thalbach und Axel Prahl (Foto: Neue Visionen Filmverleih)
Das sind die guten Zeiten - Ehepaar Moll in "Du bist nicht allein"Bild: picture-alliance/dpa

In dem Spielfilmdebüt von Regisseur Bernd Böhlich lassen sich einige wahre Botschaften finden: Wenn Arbeitslose zum Amt gehen, wollen sie nicht, dass ihr Fall nach stundenlangem Warten wie eine weitere "Nummer" einfach nur schnell abgefertigt wird. Wenn Menschen arbeitslos werden, heißt das nämlich nicht, dass sie keinerlei Ansprüche mehr an eine neue Arbeit haben - sie wollen nicht einfach nur in einem sinnlosen Job abgestellt werden. Jeder Mensch möchte mit Respekt und Achtung behandelt werden und letztlich das Gefühl haben dazuzugehören zu dieser Gesellschaft. Und jeder Mensch möchte vor allem geliebt werden.

Nochmal neu anfangen

Schauspielerin Katharina Thalbach
Wieder gebraucht werden - Frau Moll (Katharina Thalbach) findet ArbeitBild: presse/Neue Visionen

"Ich sage ab jetzt auch Metzger" erklärt Frau Moll (Katharina Thalbach) ihrem Ehemann am Abendbrottisch, denn "Fleischer", das hat ihr der Mann von Arbeitsamt gesagt, heißt das heutzutage nicht mehr. Frau Moll gehört jetzt wieder dazu. Sie hat endlich Arbeit gefunden, sie wird gebraucht. Voller Stolz trägt sie die Uniform des Wachdienstes für den sie jetzt tätig ist. Mit diesem Anzug kann sie plötzlich ganz anders auftreten.

Herr Moll (Axel Prahl) findet sein Glück nicht in einer neuen Arbeit, aber in der neuen Nachbarin im tristen Plattenbau in Berlin-Mahrzahn. Mit der schönen und jungen Russin Jewgenia (Katerina Medvedeva) erlebt er, dass das Leben, gerade wenn man verliebt ist, wieder Spaß machen kann. So entdeckt er sich selbst neu und überwindet sich nicht nur beim zaghaften Singen auf einer Feier. Frau Moll ist in ihrer warmherzigen und gutgläubigen Art leicht zu betrügen, aber sie ist auch viel zu sehr mit ihrer neuen vermeintlich wichtigen Arbeit beschäftigt.

Der Wert der Arbeit

Schauspieler Axel Prahl
Herr Moll (Axel Prahl) gibt sich und seinem Leben eine neue ChanceBild: presse/Neue Visionen

Wie bedeutend und sinnstiftend eine Arbeitsstelle sein kann, zeigt der Film gerade durch die Abwesenheit von sinnvoller Arbeit sehr deutlich. Bei dem auch in Mahrzahn wohnenden Ehepaar Silvia (Karoline Eichhorn) und Klaus Wellinek (Herbert Knaup) leiden beide darunter, dass sie beruflich nicht mehr das sind, was sie mal waren.

Die Ex-Nachrichtensprecherin Silvia quält sich allzu sehr mit Engagements als Ansagerin von Telefonsexnummern. Ihr getrennt lebender Mann Klaus kämpft mit Alkohol- und Selbstwertproblemen. Er hat einen Doktor in Physik, aber keinen Job.

Entfremdung als Preis

Loslassen müssen in "Du bist nicht allein" am Ende alle. Die Entfremdung ist der Preis für den neugewonnenen Lebensmut. Aber nur weil man allein ist, muss man nicht unglücklich sein - außerdem gibt es eigentlich immer jemanden der an einen denkt. So gehen die Figuren gestärkt aus ihren Krisen hervor. Inspiriert vor allem von menschlicher Wärme und Selbstlosigkeit.

Aber all seine wahren Botschaften überfrachten den Film in letzter Konsequenz leider nur. Sie werden meist auch nur oberflächlich angerissen. Um das gutzumachen, wird immer wieder mit zu viel, zum Teil auch plakativer, Symbolkraft gearbeitet, damit dem Zuschauer auf jeden Fall klar wird, worum es dem Film geht. Am offensichtlichsten wird dies gegen Ende, wenn Frau Moll im örtlichen Freibad endlich schwimmen lernt - sie muss sich jetzt im wahrsten Sinne des Wortes allein über Wasser halten.