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Amnesty: Asylreform wird Menschenrechte verletzen

6. Juni 2023

Mehr als 60 Organisationen haben einen Appell an die Bundesregierung unterzeichnet. Sie warnen vor einem "Tabubruch". Die EU-Kommission legt derweil einen neuen Aktionsplan vor.

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Ein Mann läuft entlang eines hohen Zauns
Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis besichtigt Ende März einen Zaun an der EU-Außengrenze zur TürkeiBild: Dimtiris Papamitsos/Greek Prime Minister's Office/AP/dpa/picture alliance

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat an die Ampel-Koalition appelliert, eine mögliche Verschärfung des Asylrechts auf EU-Ebene zu blockieren. "Sollte die Bundesregierung am Donnerstag den aktuellen Änderungsvorschlägen zum europäischen Asylsystem zustimmen, wäre das ein menschenrechtlicher Tabubruch", erklärte die Vize-Generalsekretärin der Organisation, Julia Duchrow, in Berlin. Eine Umsetzung der EU-Pläne würde "die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten und rechtsstaatliche Grundsätze in Frage stellen".

Im Kern geht es bei dem EU-Vorhaben darum, Asylverfahren bereits an den EU-Außengrenzen durchzuführen - oder sogar in Drittstaaten außerhalb der EU. Zudem könnten weitere Länder als sogenannte sichere Herkunftsländer ausgewiesen werden. Am Donnerstag wollen die Innenminister der EU in Luxemburg über die Pläne beraten.

Ampel-Koalition: Familien mit Kindern ausnehmen

Die Bundesregierung zeigt sich offen, fordert aber Nachbesserungen. So sollen bei Vorprüfungen von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen Familien mit Kindern ausgenommen werden. Auf diese gemeinsame Haltung hat sich - insbesondere auf Druck der Grünen - die Ampel-Koalition verständigt.

Demonstrierende Männer mit Megafon und Plakaten
"Das Leben von Flüchtlingen zählt": Protest gegen die EU-Migrationspolitik in Athen im Februar 2022Bild: Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images

Amnesty warf den drei Bündnispartnern vor, gegen die Vereinbarungen ihres eigenen Koalitionsvertrags zu verstoßen. "Die Bundesregierung scheint bereit zu sein, einer vollständigen Aushöhlung des europäischen Flüchtlingsrechts zuzustimmen", kritisierte Duchrow.

Ähnlich äußerte sich Pro Asyl. "Diese Woche zeigt sich, ob die Bundesregierung Flüchtlingsschutz und Menschenrechten auf Druck von rechts den Rücken kehrt", erklärte Pro-Asyl-Rechtsexpertin Wiebke Judith.

"Fest auf dem Fundament der Menschenrechte"

Insgesamt mehr als 60 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen fordern in ihrem Appell, die Bundesregierung müsse bei den anstehenden Beratungen "gegen die Einführung von verpflichtenden Grenzverfahren" und "gegen eine Erweiterung des Konzepts der 'sicheren Drittstaaten'" stimmen. Marvin Mc Neil von Save the Children Deutschland erklärte: "Die Europäische Union hat es in der Hand. Sie kann mit einer humanen Asylpolitik beweisen, dass sie fest auf dem Fundament der Menschenrechte steht."

Blick ins Plenum auf dem Grünen-Parteitag 2022 in Bonn
Hunderte Grünen-Mitglieder beklagen einen "Kurs der Abschreckung und Abschottung" (Archivbild vom Grünen-Parteitag 2022 in Bonn).Bild: Ina Fassbender/AFP

Auch an der Basis der Grünen wird die Kritik an den EU-Reformplänen lauter. Rund 730 Parteimitglieder hätten ein Schreiben an hochrangige Funktionsträger der Partei verschickt, darunter Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, berichtet das Magazin "Der Spiegel". Darin würden ein Kurs der "Abschreckung und Abschottung" und Pläne zu einer "massiven Beschneidung des Asylrechts" beklagt. Zu den Unterzeichnern gehörten die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina, der frühere deutsche Botschafter in Pakistan, Martin Kobler, und Grüne-Jugend-Co-Chef Timon Dzienus.

EU: "Irreguläre Ausreisen" aus afrikanischen Staaten stoppen

Die Europäische Kommission präsentierte derweil einen Aktionsplan, um unerwünschte Migration über die westliche Mittelmeerroute und den Atlantik zu begrenzen. Im Mittelpunkt steht eine verstärkte Kooperation mit den Ländern Nordwestafrikas. Konkret beinhaltet der Plan Maßnahmen, um "irreguläre Ausreisen" aus Marokko, Mauretanien, Senegal und Gambia zu verhindern. Dazu soll auch die Zusammenarbeit zwischen der EU-Grenzschutzagentur Frontex und diesen Ländern verbessert werden.

EU-Kommissarin für Inneres Ylva Johansson
"Zusammenarbeit bei der Rückführung": EU-Innenkommissarin Ylva Johansson (Archivbild)Bild: MENELAOS MYRILLAS/SOOC/AFP/Getty Images

Außerdem sollen mehr Migranten in die nordafrikanischen Staaten und die Sahelzone abgeschoben werden. Die EU beabsichtige, die "Zusammenarbeit bei der Rückführung und nachhaltigen Wiedereingliederung von Rückkehrern in ihre Herkunftsländer" zu stärken, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson.

jj/fab (dpa, afp, epd, kna)