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Alkohol-Beschränkung kontraproduktiv?

Mark Meadows
9. November 2022

Bei der ersten WM in einem muslimischen Land gelten strikte Regeln für den Konsum von Alkohol. Fan-Organisationen fürchten, dass Alkoholexzesse durch die strengen Regeln Katars eher forciert werden könnten.

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Touristen vor einem überdimensionalen Schriftzug "FIFA World Cup Qatar 2022" vor der Skyline von Katars Hauptstadt Doha
Alkohol ist für Besucher der WM in Katar an den meisten Orten tabu Bild: Jewel Samad/AFP/Getty Images

Alkohol gehört in vielen Teilen der Welt zur Fußballkultur. Bereits vor dem Anpfiff trifft man sich auf ein gemeinsames Bier. Und nach dem Spiel wird der Sieg begossen - oder eben die Niederlage. Bei der Weltmeisterschaft vom 20. November bis zum 18. Dezember in Katar - der ersten in einem muslimisch geprägten Land - wird es solche Bilder nicht geben.

Im Emirat am Persischen Golf ist der Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten. Alkohol ist ausschließlich für Nicht-Muslime erhältlich - und nur an ausgewählten Orten, zum Beispiel in Hotelbars. Doch für die Massen an Fußball-Fans, die während der WM im kleinsten WM-Gastgeberland der Geschichte erwartet werden, sollen etwas weniger strenge Regeln gelten, was den Verkauf und den Konsum von Bier angeht.  

Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass eine US-amerikanische Großbrauerei einer der Hauptsponsoren des Turniers ist. So wird der Verkauf von Bier in den Außenbereichen rund um die Stadien an Ticketinhaber erlaubt sein. Jedoch darf Bier weder ins Stadion hinein, noch aus der Stadionzone heraus auf die Straße mitgenommen werden. Beim offiziellen FIFA-Fanfest im Al Bidda Park in der Hauptstadt Doha wird ebenfalls Bier ausgeschenkt - allerdings nur abends. 

Gegenüber der DW heißt es seitens des katarischen WM-Organisationskomitees: "Alkohol ist kein Bestandteil der katarischen Kultur. Gastfreundschaft jedoch schon. Und deswegen werden Fans, die während der WM in Katar Alkohol konsumieren wollen, dies auch tun können." Dennoch wird sich ein ganz anderes Bild bieten als bei früheren WM-Turnieren, als sich Fanmassen auf öffentlichen Plätzen zu Tausenden in Stimmung singen und trinken konnten.  

Abrupter Alkohol-Stopp 

Für trinkfreudige Fans könnte die Beschränkung des Bierkonsums auf die Außenbereiche der Stadien ein Anreiz sein, besonders früh dorthin zu kommen, um sich auf ähnliche Weise in Stimmung zu bringen wie sonst bei anderen Turnieren auf öffentlichen Plätzen. 

Außenbereich des Lusail Iconic Stadions, in dem am 18. Dezember das WM Finale gespielt wird
Außenbereich des Lusail-Iconic-Stadions, in dem am 18. Dezember das WM-Finale gespielt wirdBild: Mohammed Dabbous/AA/picture alliance

Bailey Brown, Präsident der nordamerikanischen Fanvereinigung "Independent Supporters Council", befürchtet, dass das Alkoholverbot im Stadion dazu führen wird, dass Fans bereits vor den Spielen zu viel trinken. "Ich finde es besorgniserregend", sagt Brown der DW. "Ich fürchte, viele werden denken: 'Das sind jetzt die drei Stunden, in denen ich trinken kann.' Dann wird viel mehr Alkohol konsumiert, als wenn es diesen abrupten Alkohol-Stopp nicht gäbe." 

Martha Gens sitzt im Vorstand des europäischen Fan-Dachverbands "Football Supporters Europe". Auch die Portugiesin sieht in der Alkoholbeschränkung eher eine Gefahr als einen Nutzen. "Alkohol ist Teil der Fußballkultur, das muss akzeptiert werden", sagt Gens der DW. "In Wirklichkeit sind diese Verbote kontraproduktiv. Je mehr man versucht, sie durchzusetzen, desto mehr wird es zum Problem." 

Alkoholbedingte Hooligan-Exzesse wie bei einigen früheren Weltmeisterschaften sind hingegen in Katar eher nicht zu erwarten. Die Hürden, um sich Alkohol zu beschaffen, sind hoch. Zudem dürfen nur registrierte Ticket-Inhaber während der WM nach Katar einreisen. Beides dürfte die Zahl gewaltbereiter "Problemfans" deutlich reduzieren. 

Klare Regeln, mangelnde Transparenz

Dennoch kann das Thema Alkohol für Fans in Katar zum Problem werden - beispielsweise wenn sie an Orten trinken, an denen dies nicht erlaubt ist. Die englische Fanvereinigung "Football Supporters Association" hat deswegen einen detaillierten Leitfaden für Fans zum Alkoholkonsum in Katar herausgegeben. "Bringen Sie keinen Alkohol mit ins Land und trinken Sie nicht auf der Straße! Ansonsten droht Ihnen die Ausweisung oder Festnahme", heißt es dort. "Es gibt in Katar nur einen Spirituosenladen, und der ist nur für Bewohner des Landes zugänglich." 

Händler auf dem Souq Waqif Markt in Katars Hauptstadt Doha
Der berühmte Souq-Waqif-Markt in Katars Hauptstadt Doha: Alkohol darf auch hier nicht konsumiert werdenBild: Igor Kralj/PIXSELL/picture alliance

US-Fansprecher Baily Brown beklagt fehlende "Transparenz im Umgang mit Alkoholkonsum": "Was passiert, wenn man in der Öffentlichkeit mit Alkohol erwischt wird? Ich bin kein großer Fan von Grauzonen." Katars WM-Organisationskomitee heißt einerseits Fans aus Ländern mit Alkoholkultur willkommen, macht aber andererseits unmissverständlich klar: "Fans sollten beachten, dass der Konsum von Alkohol außerhalb der ausgewiesenen Bereiche verboten ist." 

Aus dem Englischen adaptiert von David Vorholt.