Afrikas Jugend fordert ihre Rechte ein
30. März 2013Rote Fliege und rote Sportschuhe zum schwarzen Anzug - schon mit seiner Kleidung erregte der 25 Jahre alte Mkhuleko Hlengwa Aufsehen, als er im Februar zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des südafrikanischen Parlaments in Kapstadt kam. Zusätzlich hatte sich der jüngste Abgeordnete des Parlaments einen großen Button an die Brust geheftet: "No To Rape" (Nein zu Vergewaltigung). Seine Botschaft war klar: Hier bin ich, jung, selbstbewusst, und ich will mich um die Dinge kümmern, die für die jungen Bürger wichtig sind. Eine Herausforderung ist für Hlengwa nicht nur, dass er der Jüngste im Parlament ist. Als einer von nur 18 Abgeordneten der konservativen Inkatha Freedom Party (IFP) sieht er sich auch einer übermächtigen Regierungspartei gegenüber: Dem African National Congress (ANC) gehören 264 der 400 Abgeordneten an. Doch auf seine eigene Partei, die IFP, könne er sich auch als junger Abgeordneter verlassen, betont Hlengwa: "Die sehen das ganz klar so, dass es hier nicht um das Alter geht, sondern um die Arbeit, die getan werden muss."
Simbabwe als warnendes Beispiel
Hlengwa will erreichen, dass sich die jungen Südafrikaner als aktive Bürger ihres Staates verstehen. Sie müssten die Regierenden zur Verantwortung ziehen, sagt er. Ein Thema, das ihm besonders wichtig ist: sexuelle Gewalt gegen Frauen. Allein im Jahr 2012 registrierte die südafrikanische Polizei 64.000 Anzeigen, die Dunkelziffer schätzen Menschenrechtsorganisation weit höher.
Bildung und Arbeitslosigkeit stehen für Hlengwa ebenfalls ganz oben auf der Agenda. Jeder zweite Südafrikaner unter 25 Jahre ist arbeitslos. Wenn die Zahlen weiterhin so hoch blieben, würden Jugendliche - ähnlich wie ihre Altersgenossen in Nordafrika - auch südlich der Sahara auf die Barrikaden gehen. Davon ist der junge Abgeordnete überzeugt. Das wirtschaftlich ruinierte Nachbarland Simbabwe sei ein Beispiel dafür, wohin es führe, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten würden. "Südafrika wird es ebenso gehen, wenn es die Probleme und die Meinung von jungen Menschen nicht endlich ernst nimmt", warnt Hlengwa.
Der Staat müsse in Bildung und Gesundheit, aber auch in Sport und Freizeitangebote investieren, fordert der junge Südafrikaner. Nur in solch einem Umfeld könnten sich junge Menschen dann auch zu qualifizierten Arbeitsnehmern entwickeln und die heimische Wirtschaft voranbringen.
Vielen missfällt die Korruption
Ähnlich sieht es Yusuf Kiranda aus Uganda. Der 31-Jährige arbeitet im Auslands-Büro der Konrad Adenauer-Stiftung in Kampala. Die deutsche Stiftung setzt sich für die Förderung demokratischer Strukturen in Politik und Zivilgesellschaft ein. Bei der Organisation engagiert sich Yusuf Kiranda in einer Initiative für junge Führungskräfte, die politische Alternativen für ihr Land entwickeln will. In Uganda sei das größte Problem die Jugendarbeitslosigkeit, sagt auch Kiranda. Im Gegensatz zu internationalen Statistiken, die die Jugendarbeitslosigkeit in Uganda bei nur fünf Prozent sehen, geht er davon aus, dass mehr als vier Fünftel der jungen Ugander ohne Arbeit sind. Eine Zahl, die auch immer wieder in ugandischen Medien genannt wird. Die jungen Leute hätten keine Perspektive, und die Regierung ändere nichts daran, klagt der Aktivist.
Die Jugendlichen seien angewidert von der Korruption im öffentlichen Sektor, so Kiranda: "Gelder, die eigentlich Programme zur Stärkung der Jugend finanzieren sollen, werden in andere Kanäle geleitet." Er wirft der Regierung vor, dass sie die Betroffenen auch dann nicht zur Verantwortung ziehe, wenn die Korruption offensichtlich ist. "Der Frust ist groß: keine Jobs, die Lage ist schlecht, und es gibt keine Aussicht auf Besserung", fasst er die Stimmung zusammen.
Kiranda und seine Mitstreiter können es nicht mehr hören, dass die Regierenden für die Mängel im Bildungswesen das Erbe der Kolonialzeit verantwortlich machen. Diese liege so lange zurück, dass sie nicht mehr als Entschuldigung für versäumte Reformen dienen könne. Ein reformiertes Bildungswesen müsse den Jugendlichen eine fundierte Berufsausbildung bieten, fordert der junge Mitarbeiter der Konrad Adenauer-Stiftung.
Die Jugend will mitentscheiden
Afrikas Bevölkerung ist jung: Zwei Drittel der Menschen südlich der Sahara sind unter 25 Jahre alt - und trotzdem haben die Bedürfnisse der Jugend für die Regierenden offenbar keine Priorität. Dabei gebe es in Uganda sogar Quoten für Jugendliche in nationalen und lokalen Parlamenten, berichtet Kiranda. So sind im nationalen Parlament fünf der 388 Sitze für Jugendliche reserviert. "Das Problem ist aber, dass wir einSystem haben, in dem die 'großen alten Männer' glauben, dass sie alles beherrschen", kritisiert Kiranda. Selbst wenn die Jugendlichen ihre Stimme erheben, höre man ihnen nicht zu: "Stattdessen werden sie daran erinnert, dass sie ja zu Zeiten der Befreiungskämpfe gegen Kolonisation und Diktatur noch nicht dabei waren und ihre Zeit noch nicht gekommen ist." Ältere Politiker würden nicht verstehen, dass die junge Bevölkerung nicht nur über die Zukunft reden, sondern auch jetzt schon über die Gegenwart mitentscheiden wolle, klagt Kiranda.
Einer, der selbst ein sogenannter "Elder Statesman" ist, widerspricht hier ganz deutlich: Ghanas Ex-Präsident John Kufuor sieht Afrika längst auf einem guten Weg, wenn es um den Einfluss junger Menschen geht. "Wenn Sie heute in das Parlament von Ghana kommen, dann sind von den 275 Abgeordneten bestimmt mehr als die Hälfte unter 40 oder 45 Jahre alt", so Kufuor. Junge Leute hätten also sehr wohl Zugang zu Macht und Einfluss. "Afrika verändert sich schnell. Es öffnet sich", betont der Ex-Präsident.
Kufuor setzt auf Leute wie den jungen Südafrikaner Hlengwa oder den Ugander Kiranda. Diese würden sich nicht einfach zum Schweigen bringen lassen. Und Mkhuleko Hlengwa selbst bestätigt kämpferisch: Entweder die alte Garde mache ihre Arbeit künftig besser - oder sie müsse abtreten.