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Afghanistan: Reisesperren gegen Fußballfunktionäre

Nasim Saber
28. Dezember 2018

Verbandschef Karim und vier weitere Funktionäre der Afghanischen Fußballföderation dürfen das Land vorerst nicht verlassen. Die Staatsanwaltschaft reagiert damit auf Missbrauchsvorwürfe mehrerer Nationalspielerinnen.

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Afghanistan Karim Keramuddin
AFF-Chef Keramuddin Karim während einer Pressekonferenz in Kabul 2013Bild: picture-alliance/dpa/S. Sabawoon

Per Twitter gab der Sprecher der afghanischen Generalstaatsanwaltschaft Dschamschid Rasuli am Freitag die Ausreisesperre für Keramuddin Karim und vier weitere Fußballfunktionäre bekannt. Der Generalstaatsanwalt habe sie auf Vorschlag des Untersuchungsausschusses angeordnet.

Die fünf Funktionäre der Afghanischen Fußballföderation (AFF) werden sexueller Übergriffe auf Spielerinnen der Nationalmannschaft beschuldigt. Mehrere afghanische Fußballerinnen haben der britischen Tageszeitung "The Guardian" detailliert davon berichtet.

Zum ersten Mal berichtete der Guardian Anfang Dezember über die Vorwürfe: Die ehemalige Nationalkapitänin Khalida Popal und ihre Nachfolgerin Shabnam Mobarez sagten damals, sie hätten der Fifa Beweise für Missbrauch an einigen ihrer Mitspielerinnen vorgelegt. Und tatsächlich leitete der Fußballweltverband schon damals Untersuchungen ein. Im Gespräch mit der DW sagte Popal, dass auch minderjährige Jungen missbraucht worden seien.

Angst vor Repressalien

Die missbrauchten Spielerinnen, die sich dem Guardian nun geöffnet haben, wollen ihre Namen nicht öffentlich nennen. Der Grund sei die Angst, Karim könne seinen Einfluss in Kabul für Repressalien gegen sie einsetzen. Der Verbandschef gehört zu dem zwar kleinen, aber bis heute sehr einflussreichen Personenkreis aus der Provinz Pandschir, dessen Gouverneur er früher war. Zudem verfügt er über Kontakte in verschiedene Ministerien sowie das afghanische Olympische Komitee, dessen Vorsitzender er zuvor war.

Die nun anonym publizierten Vorwürfe haben laut Guardian drei unterschiedliche Spielerinnen erhoben. Ein mutmaßliches Opfer berichtet von einem verborgenen Zimmer, das sich hinter dem Büro des Verbandschefs befinden soll. Das Zimmer sei wie ein Hotelzimmer eingerichtet und verfüge über ein Zugangsschloss, das nur mit dem Fingerabdruck des Verbandschefs geöffnet werden könne. Dort soll er sie vergewaltigt, geschlagen und mit dem Tode bedroht haben, falls sie sich an die Medien wenden würde. Karim habe ihr seine Pistole an den Kopf gehalten und auch ihre Familie habe er bedroht.

Eine andere Spielerin berichtet, Karim habe versucht, ihr die Kleidung auszuziehen, weil sie burschikos auf ihn gewirkt habe. Also habe er wissen wollen, wie sie unter ihrer Kleidung aussehe. Nachdem sie sich zu Wehr gesetzt habe, sei sie von ihm vor versammelter Mannschaft als 'Lesbe' bezeichnet worden und er habe gedroht, ihr die Zunge herauszuschneiden. Die dritte der Kameradinnen berichtet im Guardian, Karim habe versucht, sie zu küssen. Sie sei daraufhin aus dem Zimmer geflohen, kurz darauf habe man sie des Teams verwiesen.

Konsequenzen aus dem Skandal

Die nun verhängten Ausreisesperren gegen fünf der Beschuldigten deuten darauf hin, dass sich die Vorwürfe in den Augen der afghanischen Generalstaatsanwaltschaft weiter erhärtet haben. Zuvor hatte bereits die Fifa-Ethik-Kommission Karim unter Berufung auf den Fifa-Ethik-Kodex für zunächst 90 Tage von allen Aktivitäten entbunden.

Im Ausland lebende Spielerinnen des afghanischen Frauennationalteams haben bereits ihren Rücktritt aus dem Team erklärt, zuletzt die in Hamburg lebende Manija Mir via Instagram. Zuvor hatten bereits die Schwestern Schabnam und Mariam Ruhin aus Hamburg ihren Austritt per Facebook verkündet.

Wann Karim der Prozess gemacht werden kann, bleibt zunächst offen. Immerhin scheint die durch Einschüchterung und Gewalt erzeugte Atmosphäre der Angst unter den Spielerinnen so weit durchbrochen, dass sie nicht mehr schweigen.