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Die neue Kopftuchfreiheit

31. Oktober 2013

Vier weibliche Abgeordnete der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP haben einen eklatanten Tabubruch in der Türkei begangen. Sie erschienen demonstrativ mit Kopftuch im Plenum des Parlaments und fanden Anklang.

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Abgeordneter im türkischen Parlament (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Das ungeschriebene Kopftuchverbot im türkischen Parlament ist jetzt überwunden. Vier Politikerinnen der Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erschienen demonstrativ mit islamischer Kopfbedeckung im Plenum von Ankara und verfolgten eine Parlamentsdebatte. Redner mehrerer Parteien begrüßten den Schritt. AKP-Abgeordnete beglückwünschten sie.

Obwohl es in der Geschäftsordnung des Parlaments kein ausdrückliches Kopftuchverbot gibt, war das Tuch bislang tabu, weil es als Symbol des politischen Islam gilt. Zuletzt hatte vor 14 Jahren eine Abgeordnete versucht, mit Kopftuch ins Plenum zu gelangen. Sie verlor kurzerhand ihr Mandat und ihren Reisepass.

Diesmal können sich die vier AKP-Abgeordneten der Unterstützung der Regierung sicher sein. Erdogan hatte vor einem Monat das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst abgeschafft.

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Der säkulare CHP-Politiker Muharrem Inci kritisierte, die islamisch-konservative Regierungspartei AKP versuche, auf diese Weise vor den Kommunalwahlen im März Stimmung zu machen. Während sich die AKP bei der weiblichen Verhüllung derart engagiere, ignoriere sie andere Probleme von Frauen, wie Misshandlungen oder Ausbeutung durch illegale Beschäftigung. Redner der Kurdenpartei BDP, der Nationalistenpartei MHP sowie der neuen Linkspartei HDP dagegen begrüßten die neue Kopftuchfreiheit.

Auch Hosen künftig erlaubt

Gemessen an den Verhältnissen im Parlament von Ankara, wo es hin und wieder auch zu Handgreiflichkeiten zwischen Abgeordneten kommt, verlief die Debatte vom Donnerstag ruhig und sachlich. Vizepremier Bülent Arinc sagte eine Änderung der Kleiderordnung zu, so dass weiblichen Abgeordneten künftig auch Hosen tragen dürfen. Bisher müssen sie im Kostüm erscheinen.

Das islamische Kopftuch ist seit Jahren eines der am heftigsten umstrittenen Themen in der türkischen Politik. Die lange Zeit vom Militär vorgegebenen Staatsideologie verbot das Tuch in öffentlichen Einrichtungen, weil es als Kampfmittel des politischen Islam eingestuft wurde.

Erdogans Regierung schaffte nach der Entmachtung des Militärs zunächst das Kopftuchverbot an den Universitäten ab und gab das Tuch dann auch für Lehrerinnen und andere Beamtinnen und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst frei.

uh/pg (afp,dpa)